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Arbeit, kolonialer Rassismus, Antisemitismus: Historische Relationen

Antragsteller Dr. Felix Axster
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 262563613
 
Ausgehend von aktuellen Debatten über die Vergleichbarkeit von Kolonialismus und Nationalsozialismus befasst sich das Forschungsvorhaben mit den Relationen zwischen kolonialem Rassismus und Antisemitismus. Dabei ist die Beobachtung leitend, dass sowohl kolonialrassistische als auch antisemitische Selbst- und Fremddefinitionen nicht unwesentlich auf dem Topos 'Arbeit' basierten. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen also Zuschreibungen, die einen jeweils spezifischen Zusammenhang zwischen Arbeit (bzw. Fleiß, Faulheit, Eigennutz) und Zugehörigkeit konstituierten. Das Ziel ist aufzuzeigen, dass und auf welche Weise sich diese Zuschreibungen wechselseitig überlagerten. Gleichwohl wird es darum gehen, den Unterschieden zwischen den jeweiligen Wissensformationen nachzugehen. Das Forschungsvorhaben wird sich im Wesentlichen auf deutschsprachige Autoren konzentrieren. Angestrebt ist eine historische Längsschnittanalyse, die um 1800 einsetzt und mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 endet. Rekonstruiert werden kolonialrassistische wie antisemitische Konturierungen des Verhältnisses zwischen Arbeit, Selbst und Anderem. Dabei wird folgende Hypothese zugrunde gelegt: Während die Kolonisierten in einem (Natur-)Zustand gewissermaßen 'vor der Arbeit' situiert wurden, wurden Juden mit vermeintlich destruktiven Tätigkeiten assoziiert, die sich als 'Anti-Arbeit' beschreiben lassen. Beide Zuschreibungen korrespondierten mit der Vorstellung, dass sich im Zuge eines Jahrhunderte andauernden Disziplinierungsprozesses ein spezifisch christliches/weißes/arisches Arbeitsethos herausgebildet hätte, das vor allem von Fleiß, aber auch von Gemeinnutz gekennzeichnet sei und eine grundlegende Höherwertigkeit anzeige. Im kolonialen Setting war dieses Arbeitsethos eine Art Exportschlager: Die Kolonisierten 'zur Arbeit zu erziehen' war ein wesentlicher Bestandteil beinahe jeglicher kolonialen Programmatik. Im Antisemitismus wiederum galt es, dieses Arbeitsethos vor den Effekten der 'Anti-Arbeit' zu schützen. Das Forschungsvorhaben wird zwischen den jeweiligen Artikulationen dieses Arbeitsethos differenzieren und zugleich darlegen, dass und wie diese Artikulationen aufeinander Bezug nahmen. In diesem Sinne ist beabsichtigt, eine Forschungsperspektive zu konturieren, die die jeweiligen Mechanismen des Ein- und Ausschlusses zusammen denkt und miteinander verknüpft. So soll auch zur Überwindung der disziplinären Grenzen zwischen Rassismus- und Antisemitismusforschung beigetragen werden. Methodisch orientiert sich das Forschungsvorhaben am intersektionalen Ansatz und an der historischen Diskursanalyse. Das heißt, es geht von der Prämisse aus, dass verschiedene Formen sozialer Ungleichheit empirisch miteinander verwoben sind, und dass historisch-spezifische Aussageformationen, in denen Ungleichheit hergestellt wurde, auf die konstitutiven Wechselwirkungen zwischen Wissen und Macht sowie auf die damit zusammenhängenden Grenzen des Sag- und Denkbaren verweisen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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