Archäologische Untersuchungen zur Stadtgeschichte von Meninx (Djerba)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Bei zwei Feldforschungskampagnen 2017 und 2018 gelang es, die Stadtgeschichte der zuvor kaum bekannten antiken Hafenmetropole Meninx zu erhellen. Die im Südosten der Insel Djerba an einem Golf gelegene Stadt besaß in der Antike eine weit überregionale Bedeutung, da sie eines der bedeutendsten Produktionszentren von Purpur im gesamten Mittelmeerraum war. Gezielte Ausgrabungen an neun Stellen im antiken Stadtzentrum gewährten Einblick in die lange Siedlungsgeschichte des Ortes und dabei in verschiedene Lebensbereiche: in Wohnhäuser, Heiligtümer, Wirtschafts- und Freizeitbauten. Dabei erbrachten einige Tiefensondagen den Nachweis, dass bereits in punischer Zeit, im 4. Jh. v. Chr. eine intensive Siedlungstätigkeit und auch schon die Produktion des kostbaren Purpurfarbstoffes einsetzten. In der römischen Kaiserzeit, vom 1. bis zum 3. Jh. n. Chr. erlebte Meninx einen Bauboom, von dem etwa mehrere Heiligtümer, große Handels- und Speicherbauten und auch eine ungewöhnlich gut erhaltene private Badeanlage zeugen. Um 400 n. Chr. wurden im weiteren Umfeld des Forums bereits größere Areale aufgelassen, doch die Stadt blieb, wie sich an einigen Wohnhäusern zeigte, auch in der Spätantike bewohnt, bis sie dann im späten 7. Jh. n. Chr. endgültig aufgegeben wurde. Das reiche Fundmaterial aus den Grabungen umfasst alle Perioden der Stadtgeschichte und reicht von Keramikgefäßen aller Art, Münzen und Kleinfunden über Tierknochen und Pflanzenreste bis hin zu Mosaiken, Wandmalereien und Skulpturen. Die Funde bezeugen, dass Meninx weitreichende Handelsverbindungen pflegte: So wurden etwa Nahrungsmittel, insbesondere Wein, und Tafelgeschirr aus ganz verschiedenen Regionen des Mittelmeerraumes importiert, von Spanien über Italien, Griechenland und Kleinasien bis in die Levante und ins Schwarzmeergebiet. Sodann boten großflächige geophysikalische Prospektionen einen detaillierten Einblick in das Straßennetz und die dichte Bebauung der unter dem leicht hügeligen Gelände verborgenen Stadt, die sich in der Kaiserzeit mehr als 1,5 Kilometer entlang der Küste und nur etwa 500 Meter landeinwärts erstreckte. Die gelängte Stadtanlage und auch die Aneinanderreihung großer Wirtschafts- und anderer Bauten entlang der Küste sind ungewöhnlich und zeigen, wie sehr das städtische Leben auf das Meer und seine Ressourcen fokussiert war. In Ergänzung hierzu gelang es schließlich mittels unterwasserarchäologischer Untersuchungen, Aufschluss über die bislang völlig unbekannten Hafenanlagen der Stadt zu bekommen. In Meninx machte man sich die günstige Lage an einem geschützten, lagunenartigen Golf zunutze: Wie die verschiedenen Befunde zeigten, fuhren vom Mittelmeer kommende Schiffe durch tiefe Unterwasserkanäle in die Flachwasserbucht ein, näherten sich dann der Stadt über einen parallel zur Küste verlaufenden Nebenkanal und gelangten von diesem aus zu den Anlegestellen am Strand. Mit Meninx tritt eine bedeutende, den tripolitanischen Küstenstädten Sabratha und Lepcis Magna ebenbürtige antike Metropole ans Licht. Die aktuellen Forschungen eröffnen einen neuen Weg für weiterführende mikro- und überregionale Vergleichsstudien, um die wichtige kulturhistorische Mittlerrolle, die Djerba zwischen Mittelmeerwelt und Sahararegion in der Antike spielte, besser zu verstehen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2020) New insights into the urban history of Meninx (Jerba). antafr (Antiquités africaines) (56) 101–128
Ritter, Stefan; Ben Tahar, Sami
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Meninx – Geophysical prospection of a Roman town in Jerba, Tunisia, in: B. Jennings et al. (Hrsg.), 12th International Conference of Archaeological Prospection, 12th–16th Sept. 2017, The University of Bradford. Oxford 2017, 135–137, 3 Abb.
Lena Lambers – Jörg W. Fassbinder – Stefan Ritter – Sami ben Tahar
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Landscape archaeology and urbanism at Meninx: results of geophysical prospection on Jerba (2015), in: Journal of Roman Archaeology 31, 2018, 357–372
Stefan Ritter – Sami Ben Tahar – Jörg W. Fassbinder – Lena Lambers