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Antike Stadtentwicklung an der Grenze der griechischen Oikumene. Archäologische Untersuchungen im Vorstadtareal Olbia Pontikes

Fachliche Zuordnung Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Förderung Förderung von 2014 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 264558729
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen des Projektes (2015–2021) untersuchte ein deutsch-ukrainisches Forscherteam die sog. Vorstadt von Olbia an der Nordküste des Schwarzen Meeres, die nach bisheriger Lehrmeinung allgemein in das 5./die erste Hälfte des 4. Jhs. v. Chr. datiert. Bis zum Start des DFG-Projektes konzentrierte sich die Forschung allerdings in erster Linie auf die Suche nach der Nekropole aus römischer Zeit, die in diesem Teil des olbischen Territoriums vermutet wurde. Siedlungsspuren aus vorangegangenen Epochen, die bei den Ausgrabungen seit den 1960er Jahren ebenfalls zutage traten, fanden sich dabei eher zufällig verortet. Daher gab es eine Vielzahl an offenen Fragen zur Ausdehnung, zum strukturellen Aufbau sowie zur konkreten chronologischen Einordnung der Vorstadt, so dass über ihr allgemeines Erscheinungsbild aufgrund des eingeschränkten archäologischen Befundes nur sehr vage Vorstellungen bestanden. Das deutsch-ukrainische Kooperationsprojekt nahm sich dieses Desiderats mit Hilfe interdisziplinärer Untersuchungen an: Mittels geophysikalischer Prospektion sollten zunächst großflächig und noninvasiv Aussagen zur Vorstadtgröße getroffen und neue Grabungsareale gezielt verortet werden. Archäologische Feldforschungen dienten einerseits der Überprüfung und Konkretisierung der geophysikalischen Messungen und sollten andererseits neue Daten zur chronologischen Einordnung der Vorstadtstrukturen liefern. Geochemische Analysen an exemplarisch ausgewählter Keramik bildeten schließlich die Grundlage für eine umfangreiche Datenbasis, die zukünftig Forschungen zur Herstellung sowie Distribution lokaler Keramik ermöglichen. Am Ende des Projektzeitraums übertrafen die Forschungsergebnisse in allen Bereichen die avisierten Ziele. So gelang mit Hilfe der geomagnetischen Prospektion die spektakuläre Lokalisierung einer in der Forschung bislang völlig unbekannten, mehr als 480 m langen Fortifikation in Form eines Wall-Graben- Systems im Westen Olbias. Diese Verteidigungsanlage konnte durch anschließende archäologische Felduntersuchungen an das Ende des 6./Anfang 5. Jhs. V. Chr. Datiert werden und sie umfasst ein siedlungstechnisch genutztes Areal von insgesamt 21 ha. Felduntersuchungen zu beiden Seiten einer der Hauptverkehrsadern Olbias (sog. Weststraße) erbrachten zudem klare Aussagen zur eigentlichen Genese der Siedlungsnutzung innerhalb des umgrenzten Areals, die bereits im letzten Viertel des 6. Jhs. V. Chr. Und damit deutlich früher als bislang bekannt ihren Anfang nahm. Die umfangreichen Ergebnisse der Keramikanalysen werden uns schließlich zukünftig in die Lage versetzen, Herstellungszentren im Unter-Bug-Gebiet trotz ihrer Nähe zueinander geochemisch besser zu unterscheiden und mittels Distributionsanalysen die Produktions- und auch Handelsaktivitäten anhand der lokalen Keramik zu untersuchen. Insbesondere die Analysen von Keramik aus einer Töpferwerkstatt des 6. Jhs. V. Chr. Aus der ältesten griechischen Kolonie Borysthenes im Nordwesten des Schwarzen Meeres ermöglichten erstmals die Dokumentation einer eindeutigen chemischen Referenz lokaler Produkte. Die Ergebnisse des deutsch-ukrainischen Forschungsprojektes haben wesentlich dazu beigetragen, dass die bislang vorgeschlagenen Rekonstruktionen des olbischen Stadtbilds im 6.–4. Jh. V. Chr. Aktuell vollständig überarbeitet werden. Ein neues DFG-Projekt, das Anfang 2021 seine Arbeit aufnahm, widmet sich gezielt dieser Neukonzeption der städtebaulichen Entwicklung Olbias in archaisch-klassischer Zeit, die unsere Vorstellung der griechischen Kolonie an den Ufern des Bug maßgeblich verändern wird. Unsere Tätigkeiten sind in diesem Zusammenhang auf wissenschaftlichen Veranstaltungen stets auch auf ein sehr großes Interesse innerhalb der Schwarzmeerforschung gestoßen. Durch Vorträge in der deutschen Botschaft in Kyjiw und in der ukrainischen Botschaft in Berlin haben wir zudem auch eine breitere Öffentlichkeit erreichen können und schließlich hat auch ein ZDF-Team während unserer Grabungen im August 2021 Station in Olbia gemacht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Vor den Toren der Stadt. Deutsch-ukrainische Forschungen in der Vorstadt von Olbia Pontike. Archäologischer Anzeiger 2017, 1, 19–61.
    J. Fornasier/A. V. Bujskich/A. G. Kuz’miščev/A. Patzelt/M. Helfert/N. Kratzsch
    (Siehe online unter https://doi.org/10.34780/ad41-i6h7)
  • Новые данные об ольвийском предместье. In: Північне Причорномор’я за античної доби (на пошану С. Д. Крижицького) (Киев 2017) 33–44
    Й. Форнасье/А. В. Буйских/А. Г. Кузьмищев
  • Ein Stadtbild im Wandel. Neue Ergebnisse eines deutsch-ukrainischen Forschungsprojektes aus der griechischen Kolonie Olbia Pontike. Das Altertum 62, 2017 [2018], 241–270
    J. Fornasier/A. V. Bujskich/A. G. Kuz’miščev
  • О городских границах Ольвии Понтийской в архаическое время. In: Археологические вести 29 (Санкт-Петербург 2020) 88–99
    Й. Форнасье/А. В. Буйских/А. Г. Кузьмищев
    (Siehe online unter https://doi.org/10.31600/1817-6976-2020-29-88-99)
  • Ansichten einer (Vor-)Stadt. Die griechische Schwarzmeerkolonie Olbia im Spiegel deutsch-ukrainischer Forschungen. In: J. Fornasier/A. V. Bujskich (Hrsg.), An den Ufern des Bug. Deutsch-ukrainische Ausgrabungen in Olbia Pontike im Kontext internationaler Forschungen zu antiken Migrationsprozessen (Frankfurter Archäologische Schriften 42) (Bonn 2021) 203–228
    J. Fornasier/A. V. Bujskich
  • Ein Ofenkomplex des 6. Jhs. v. Chr. aus Borysthenes. Neue Perspektiven zur Herkunftsbestimmung griechischer Keramik im nordwestlichen Schwarzmeerraum. In: J. Fornasier/A. V. Bujskich (Hrsg.), An den Ufern des Bug. Deutsch-ukrainische Ausgrabungen in Olbia Pontike im Kontext internationaler Forschungen zu antiken Migrationsprozessen (Frankfurter Archäologische Schriften 42) (Bonn 2021) 253–276
    V. V. Krutilov/H. Mommsen/J. Fornasier
  • Geochemische Untersuchungen an Keramik des 6. und 5. Jhs. v. Chr. aus Olbia Pontike. Ergebnisse der portablen energiedispersiven Röntgenfluoreszenzanalyse. In: J. Fornasier/A. V. Bujskich (Hrsg.), An den Ufern des Bug. Deutsch-ukrainische Ausgrabungen in Olbia Pontike im Kontext internationaler Forschungen zu antiken Migrationsprozessen (Frankfurter Archäologische Schriften 42) (Bonn 2021) 277–290
    M. Helfert
  • Geomagnetische Prospektionen in der sogenannten Vorstadt Olbia Pontikes. In: J. Fornasier/A. V. Bujskich (Hrsg.), An den Ufern des Bug. Deutsch-ukrainische Ausgrabungen in Olbia Pontike im Kontext internationaler Forschungen zu antiken Migrationsprozessen (Frankfurter Archäologische Schriften 42) (Bonn 2021) 137–154
    A. Patzelt/M. Waldhör
  • Results from the ‘HEKP-4’ Area. Updated Chronology and Construction Phases. In: J. Fornasier/A. V. Bujskich (Hrsg.), An den Ufern des Bug. Deutsch-ukrainische Ausgrabungen in Olbia Pontike im Kontext internationaler Forschungen zu antiken Migrationsprozessen (Frankfurter Archäologische Schriften 42) (Bonn 2021) 185–202
    A. G. Kuzmishchev
 
 

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