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Individuelle Beschäftigungs- und Einkommensperspektiven bei Aufnahme einer Tätigkeit im Niedriglohnsektor

Fachliche Zuordnung Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Statistik und Ökonometrie
Förderung Förderung von 2015 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 265465089
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Seit Mitte der 1990er wächst in Deutschland der Anteil niedrig entlohnter Beschäftigung. Das Wachstum des Niedriglohnsektors wird in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Kritiker verweisen auf die Gefahr, dass Menschen in niedriger Entlohnung haften bleiben und im Vergleich zu regulär Beschäftigten einem erhöhten Armutsrisiko gegenüberstehen. Befürworter hingegen sehen in der Aktivierung des Niedriglohnsektors einen der Hauptgründe für den starken Rückgang der Arbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren und heben die Möglichkeit hervor, dass Niedriglohnjobs als Steigbügel zu besser bezahlten Tätigkeiten dienen können. Ziel dieses Forschungsprojektes war es, empirisch zu prüfen, wie die Aufnahme einer Beschäftigung im Niedriglohnsektor die Erwerbsaussichten und das Armutsrisiko der Betroffenen im Vergleich zum Verbleib in Arbeitslosigkeit beeinflusst. Die Forschungsergebnisse weisen auf eine heterogene Wirkung von Niedriglöhnen hin, die von Faktoren wie dem qualifikatorischen Anforderungsniveau der Tätigkeit, der Beschaffenheit des lokalen Arbeitsmarktes und der Arbeitslosigkeitsdauer abhängig ist. Grundsätzlich gilt, dass das Risiko des Verbleibs in Arbeitslosigkeit mit ihrer Dauer zunimmt. Während sich Kurzzeitarbeitslose und Niedriglohnempfänger einem vergleichbaren Risiko gegenübersehen, in Zukunft arbeitslos zu sein, ist das Risiko bei Langzeitarbeitslosen substantiell höher. Zugleich nimmt mit der Dauer der Arbeitslosigkeit die Aussicht, direkt in eine reguläre Beschäftigung zu wechseln, ab. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass Erwerbstätige im Niedriglohnsektor im Vergleich zu Langzeitarbeitslosen ein geringeres Risiko haben, in Zukunft arbeitslos zu werden, und eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweisen, regulär beschäftigt zu werden. Diese beiden Wahrscheinlichkeitsdifferentiale verschwinden jedoch, falls es sich um eine niedrig entlohnte Tätigkeit mit niedrigem qualifikatorischen Anforderungsniveau handelt. In Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit sinken insbesondere die Erwerbsaussichten von Arbeitslosen, so dass hier eine Beschäftigungsaufnahme im Niedriglohnsektor nicht nur Langzeitarbeitslosen, sondern ebenfalls Kurzzeitarbeitslosen eine Perspektive zur Verbesserung der Erwerbsaussichten bieten kann. In Paarhaushalten erhöht eine Tätigkeit des Mannes im Niedriglohnsektor im Vergleich zu regulärer Beschäftigung die Wahrscheinlichkeit der Arbeitsmarktteilnahme der Frau. Dies deutet darauf hin, dass eine Niedriglohnbeschäftigung des Mannes, ähnlich wie eine Arbeitslosigkeit, in einigen Fällen kurzfristig eine Ausgleichsreaktion der Frau aufgrund des Einkommensverlusts auslöst. Allerdings weisen die Ergebnisse dieser Studie auch darauf hin, dass die Aufnahme einer Niedriglohntätigkeit durch den Mann die betroffenen Familien zumindest nicht schlechter stellt als seine Arbeitslosigkeit. Erwerbstätige im Niedriglohnsektor haben gegenüber regulär Beschäftigten ein höheres Armutsrisiko. Dieses liegt jedoch deutlich unter dem von Arbeitslosen. Zudem zeigt sich, dass die Arbeitsmarktposition die zentrale Determinante für die Erfahrung von Armut ist. Mit Zunahme der Arbeitslosigkeitsdauer nimmt ebenfalls das Risiko, in Zukunft arm und arbeitslos zu sein, zu. Zusammengefasst konnten in diesem Forschungsprojekt keine Hinweise gefunden werden, dass durch die Aufnahme einer Tätigkeit im Niedriglohnsektor sich im Vergleich zur Arbeitslosigkeit die Erwerbsaussichten verschlechtern oder das Armutsrisiko ansteigt. Viel mehr deuten die empirischen Ergebnisse auf das Gegenteil hin: Im Vergleich zu Langzeitarbeitslosen haben Niedriglohnempfänger ein niedrigeres Risiko, in Zukunft arbeitslos zu sein, bessere Aussichten, in eine reguläre Beschäftigung zu wechseln, und sind substantiell seltener von Armut betroffen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2015). Heterogeneity in unemployment state dependence. Economics Letters, 136, 85-87
    Plum, A., & Ayllón, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.econlet.2015.09.006)
  • (2016). Becoming unemployed and poor in Great Britain. Applied Economics Letters 24 (18), 1289-1293
    Plum, A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1080/13504851.2016.1273476)
  • (2016). bireprob: An estimator for bivariate random-effects probit models. Stata Journal, 16(1), 96-111
    Plum, A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1177/1536867X1601600111)
  • (2016). Can Low Wages Help People Escape from the No-Pay – Low-Income Trap?, The B.E. Journal of Economic Analysis and Policy 16 (4)
    Plum, A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/bejeap-2016-0078)
  • (2016). Reconsidering the Interrelated Dynamics of Unemployment and Low-Wage Employment in Great Britain. Economics Bulletin, 36 (2), 1230-1241
    Plum, A.
 
 

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