Die Vegetation Heiliger Haine in Marokko - landschaftlicher Kontext und Naturschutzrelevanz
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Heilige Stätten aus verschiedenen Kulturkreisen und Religionen sind seit einiger Zeit in den Fokus des Naturschutzes gerückt, da solche Orte oft einem besonderen Schutz durch die lokale Bevölkerung unterliegen und sie deshalb häufig naturnahe Waldreste enthalten. Zahlreiche internationale Symposien von UNESCO und IUCN widmeten sich diesem Thema. Es geht nicht nur um die Frage, welche spirituelle Bedeutung solche Orte für die lokale Bevölkerung oder für bestimmte Ethnien besitzen sondern ob sie für den Schutz den Biodiversität relevant sind, obwohl die nicht das explizite Schutzziel ist. Ein Blick in die Tagungsbände zeigt, daß es aus Südostasien und Schwarzafrika zahlreiche Untersuchungen zu Flora, Fauna, Vegetation und Naturschutzwert solcher Orte gibt. Aus dem islamischen Kulturkreis war jedoch nur wenig und aus Nordafrika so gut wie nichts bekannt. Dabei ist im Maghreb und insbesondere in Marokko die Verehrung von Lokalheiligen (Marabout) und die Wallfahrt zu ihren Gräbern eine lebendige religiöse Praxis. In einem von der DFG geförderten Forschungsprojekt wurde die Flora und Vegetation von muslimischen Heiligenstätten und Friedhöfen im ländlichen Raum auf der Halbinsel von Tanger in NW Marokko untersucht und in einem Survey 55 solche Stätten im ganzen Land. Die Untersuchungsmethoden mußten sich auf solche beschränken, welche von der lokalen Bevölkerung akzeptiert wurden. Destruktive Methoden wie Entnahme von Bohrkernen zur Analyse der Altersstruktur der Bestände oder Einrichtung von Dauerfläche für populationsbiologische Studien schieden demnach aus. Auf drei räumlichen Ebenen (Landschaft, Naturraum, Heiligenstätte) wurden Aspekte wie Häufigkeit, Größe, Lage, Biotoptypen, seltene Arten, Naturnähe der Vegetation, Regeneration der Schlüsselbaumarten und Nutzung (Heiligengrab, Friedhof, Wallfahrtstätte lokaler oder regionaler Bedeutung) analysiert. Es zeigt sich, daß Heiligenstätten ein häufiges Element der Kulturlandschaft in Nordmarokko sind. Im Schnitt trifft man auf 100 km² 25 Heiligenstätten an, im Untersuchungsgebiet insgesamt ca. 1800. Die Flächen sind meist klein (ein bis wenige Hektar), viele werden gleichzeitig als Marabout und Friedhof genutzt, vielen sind zumindest teilweise bewaldet. Ein Teil der Flächen wird nicht genutzt, es sind also Heiligenwäldchen i.e.S., welche die potentielle natürliche Vegetation des Raumes repräsentieren. Sie sind wegen ihrer Einzigartigkeit als intakte mediterrane Hartlaubwälder schützenswert. Solchen Hainen kommt insbesondere in intensiv genutzten Agrarlandschaften ein hoher Wert zu, da sie die Habitatdiversität auf landschaftlicher Ebene erhöhen und die letzten Rückzugsgebiete von anspruchsvollen Waldarten sind. Da sie bevorzugt in exponierter Kuppenlage liegen, sind sie auch landschaftsästhetisch von Bedeutung. Diese wird noch gesteigert durch das Auftreten sehr große, alter Bäume und durch Arten wie der Zwergpalme, die ausschließlich an solchen Orten baumförmig auftritt. Andererseits stellt man fest, daß viele der Heiligenstätten einer Beweidung unterliegen. Dies führt zu einem feinkörnigen, arten- und habitatreiche Vegetationsmosaik. Die Weidebelastung ist meist geringer ist als sonst im Land. Daher finden dort auch verbißempfindliche Arten ein Refugium. In manchen Fällen ist allerdings der Beweidungsdruck so hoch, daß die Baumarten sich seit Jahrzehnten nicht regenerieren können. Diese nichtnachhaltige Nutzung führt langfristig zum Verschwinden der Wäldchen, auch wenn das Tabu der unmittelbaren Holzentnahme beachtet wird. Die Forschungsergebnisse sollen durch verschiedene Maßnahmen (populäre Publikationen in der Landessprache, Erstellung eines Moduls für die Hochschullehre, Internetplattform für den amtlichen Naturschutz und NGOs) in die Sensibilisierung der Öffentlichkeit umgesetzt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2008). Die Bedeutung von Heiligen Hainen in Nordmarokko für die regionale Biotoptypen- und Artenvielfalt. Treffpunkt Biologische Vielfalt 8: 155-160
Jäckle, H. & Frosch, B.
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(2009). A geobotanical analysis of forest patches on sacred sites in Northern Morocco. Ber. Reinh.-Tüxen-Ges. 21: 174-195
Deil, U., Frosch, B., Jäckle, H., Mhamdi, A. & Achhal, A.
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(2009). Sacred groves in Morocco – Where the noosphere meets the biosphere. GfÖ-Tagung Bayreuth 2009, Bayreuther Forum Ökologie 115: 94
Deil, U. & Jäckle, H.
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Sacred sites in Northern Morocco - Conservation status and role for biodiversity. GfÖ-Tagung Bayreuth 2009
Deil, U. & Frosch, B.
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(2010). Characteristics of the vegetation of tree stands on sacred sites in comparison to well-preserved forests in northwestern Morocco. Ecol. Medit. 36: 83-95
Frosch, B.