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Kompensatorische Vertragsgestaltung im Arbeits- und Wirtschaftsrecht

Fachliche Zuordnung Öffentliches Recht
Förderung Förderung von 2014 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 266260011
 
Hinter dem Begriff der 'kompensatorischen Vertragsgestaltung' verbergen sich Versuche der Kautelarjurisprudenz, Abreden, die aufgrund unterschiedlichster Gestaltungsmängel mit dem Risiko der Unwirksamkeit behaftet sind, ausnahmsweise zur Wirksamkeit zu verhelfen, indem der durch den Mangel benachteiligten Partei eine besondere Ausgleichleistung gewährt wird. Beispiele für eine solche 'Heilung' mangelhafter Verträge bietet die Privat- und Arbeitsrechtsordnung in großer Zahl. So lässt die Praxis eine Verschärfung der Mankohaftung von Arbeitnehmern für Kassen- oder Warenfehlbestände zu, wenn der Arbeitgeber ein Mankogeld zahlt. Im Wohnungsmietrecht wird eine eigentlich unzulässige Abwälzung der Schönheitsreparaturen mit dem Hinweis auf die andernfalls drohende Mietzinserhöhung gerechtfertigt. Grund ist häufig, dass die Vertragsparteien Gestaltungsanforderungen, die der Gesetzgeber oder Dritte (etwa die Tarifvertrags- oder Betriebsparteien) vorgeben, als zu starr oder unpassend für die individuelle Konfliktlösung empfinden. Ziel der Untersuchung war es, Legitimation und Verbreitung des Kompensationsgedankens im Privatrecht aufzudecken, die bislang kaum als einheitliches Rechtsphänomen wahrgenommenen Anwendungsfälle zu systematisieren und verallgemeinerungsfähige Aussagen zu gewinnen, bei welchen Arten von Mängeln ein gewillkürter Ausgleich überhaupt in Betracht kommt, welche Formen von Kompensationsleistungen möglich sind und wie ein materiell 'gerechter' Ausgleichsmechanismus beschaffen sein muss. Im Zentrum der Überlegungen stehen grundsätzliche Fragestellungen des Privatrechts - etwa nach dem Verhältnis zwischen der Privatautonomie der Vertragsparteien und dem Geltungsanspruch gesetzlicher Verhaltensbefehle, der Dispositionsbefugnis des Einzelnen über seine Rechtsgüter und deren Bewertung sowie das 'ewige Problem', wie ein Arbeitnehmer als Prototyp eines strukturell bei Vertragsverhandlungen benachteiligten Akteurs einerseits seine Gestaltungsfreiheit verwirklichen, andererseits aber effektiv vor Übervorteilung durch den Vertragspartner geschützt werden kann. Die besondere Fokussierung auf das Arbeitsrecht ergab sich nicht nur aus der immensen gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Vertragsgestaltungspraxis in diesem Sonderrechtsgebiet. Sie trägt auch dem Umstand Rechnung, dass in einem normativen Bezugssystem, das einerseits durch eine Vielzahl zwingender Arbeitnehmer-schutzgesetze sowie grundsätzlich einseitig unabdingbare Mindestarbeitsbedingungen vorgebende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen geprägt und andererseits durch immer wieder gescheiterte Versuche zur Kodifikation des Arbeitsvertragsrechts sowie die vergleichsweise späte Einführung einer richterlichen Inhaltskontrolle am Maßstab des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zuge der Schuldrechtsreform gekennzeichnet ist, das Bedürfnis für von Gesetzen oder Kollektivverträgen abweichende individuelle Konfliktlösungen ebenso groß ist, wie deren Missbrauchsrisiko.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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