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Übersetzungskonflikte
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professor Dr. Armin Michael Nassehi; Dr. Irmhild Saake
Fachliche Zuordnung
Soziologische Theorie
Empirische Sozialforschung
Empirische Sozialforschung
Förderung
Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 268189345
Das Forschungsprojekt geht von zwei Grundannahmen aus. Zum einen baut es auf die gesellschaftstheoretische Diagnose einer funktional differenzierten modernen Gesellschaft. Anders als die meisten Rekurse auf das Theorem funktionaler Differenzierung liegt unser Fokus auf den unvermeidlichen Konflikten zwischen den radikal unterschiedlichen funktionalen Logiken. Zugleich beginnt es bei der Beobachtung, dass das Konflikthafte öffentlicher Diskurse keineswegs bloß in unterschiedlichen normativen Standards oder einer nicht beendbaren Debatte über gute Gründe zu suchen ist, sondern unmittelbar mit der Struktur funktionaler Differenzierung zusammenhängt. Das Forschungsprojekt Übersetzungskonflikte wird dies empirisch an drei Fallstudien über die Organspende, über die Beschneidung und über die Palliativmedizin exemplarisch demonstrieren. Diesen drei Fällen ist gemein, dass sie zum einen Debatten mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit erzeugen, dass sie zum anderen davon geprägt sind, dass hier Sprecher unterschiedlicher gesellschaftlicher und kultureller Herkünfte aufeinander stoßen und dass sich darin exemplarische Fälle für die Struktur von Übersetzungskonflikten zwischen unterschiedlichen funktionalen Logiken, Professionen und Wissensformen beobachten lassen. Der Topos Übersetzung dient dazu, darauf aufmerksam zu machen, dass sich die unterschiedlichen Perspektiven nicht ohne Rest und nicht eins-zu-eins aufeinander abbilden lassen und damit letztlich in unlösbare Konflikte geraten, für die freilich empirisch dann doch Lösungen gefunden werden müssen. Das Forschungsprojekt verfolgt neben der Analyse der Fallstudien zugleich das Ziel, die Theoriefigur der funktionalen Differenzierung empirisch ernst zu nehmen und einerseits der Kritik zu begegnen, Differenzierung bedeute Berührungslosigkeit und wohldefinierte Arbeitsteilung. Andererseits will es empirisch zeigen, wie eine Gesellschaft mit ihrer Differenzierung umgeht, der keine moderierendes, zentral koordinierende oder sogar steuernde Instanz bzw. Funktion zur Verfügung steht. Aus diesen Ergebnissen sollten sich begriffliche Präzisierungen der Theorie funktionaler Differenzierung als Forschungsprogramm ableiten lassen, die aber stets neue Selbstbeschreibungen präsentieren muss.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen