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Das Buch als erweiterter Kunst- und Kommunikationsraum. Der Gegenstand Buch mit seinen materialen und funktionalen Möglichkeiten unter dem Einfluss neuer Medien.

Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung von 2015 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 268453137
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Netzwerk führte Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen zusammen, deren gemeinsame Interessen sich im Buch trafen. Bereits beim ersten Netzwerktreffen wurde jedoch deutlich, dass die Auseinandersetzungen mit dem Buch divergierten und entsprechend unterschiedliche Fragestellungen und Methoden verfolgt wurden. In der Auseinandersetzung mit dem Buch zeichneten sich drei zentrale Schwerpunkte ab: • das Buch als materielles Objekt, dessen besondere Eigenschaften sich über das Material erschließen. Die ihm wesentlichen Aussagen vermittelt es qua verschiedener Zeichensysteme, zu denen Bild und Text, aber auch die Materialsprachlichkeit gehören. Das Buch als materielles Objekt ist für Gestalter von Interesse, die auch Formen der Produktion berücksichtigen. Die Fokussierung materieller Eigenschaften schließt neben kommerziellen Büchern auch Künstlerbücher ein, also Bücher, die sich als Kunstwerke verstehen. Fragen der Praktikabilät, etwa Lesbarkeit, sind nicht relevant. • das Buch als ein Gegenstand der Vermarktung, für die Formen der Distribution wesentlich sind. Dazu zählen neben herkömmlichem Verkauf über Ladengeschäfte der gesamte Onlinehandel, der wiederum elektronische Bücher einschließt. Mit dem elektronischen Buch tritt neben das gedruckte eine Buchform, die zwar Überschneidungen zum herkömmlichen Buch aufweist, zugleich aber auch neue Herangehensweisen erfordert. Künstlerbücher entziehen sich den für kommerzielle Bücher geläufigen Vermarktungsstrategien. Ihre Rezeption erfolgt unter Gesichtspunkten, wie sie für Kunstwerke relevant sind. Gleichzeitig profitieren sie aber doch von den Vertriebsmöglichkeiten, die für Bücher typisch sind. • das Buch, das mit Gestaltung und Material eine Gegenposition zu elektronischen Büchern bezieht. Gleichzeitig fordern die dem materialgebundenen Buch typischen Eigenschaften die elektronische Umsetzung heraus. Neben elektronischen Varianten, die traditionelle buchtypische Eigenschaften simulieren, treten neue elektronische Buchformen, die die Frage neu stellen, was ein Buch ausmacht und welche Eigenschaften ein Buch charakterisieren. Auch wenn die Interessen am Buch unterschiedlich fokussiert sind, lassen sie sich doch nicht völlig losgelöst voneinander betrachten. Schließlich sind Gestaltung, Praktikabilität, Produktion und Rezeption nicht voneinander zu trennen. Die als Überschneidungen und Gemeinsamkeiten erkannten Faktoren des Buches rückten im Netzwerke Aspekte der Hybridität und Multimodalität, also das Zusammentreffen mehrerer medialer Ansätze im Buch in den Fokus. Sie wurden verstärkt zu den digitalen Entwicklungen in Beziehung gesetzt und gezielt nach Beispielen gesucht, in denen Materialität und Digitalität in einem wechselseitigen Verhältnis zueinanderstehen. Die hier aus Literatur, Kunst, Leseforschung und Marketing zusammengetragenen Beispiele sind in der aus dem Netzwerk hervorgehenden Publikation zusammengestellt. Aufgezeigt wird, dass die über Digitalisierung beförderte Netzwerkstruktur neue Formen der Literatur hervorbringt und zudem mit dem Distant Reading neue Möglichkeiten der Erfassung bereitstellten. Einfluss nimmt nicht nur die Digitalisierung bei den einzelnen Schritten der Produktion, sondern auch Social Media wie unter anderem Instagram oder YouTube. Sie bedingen neue Formen der Kooperation, die neben der Textgenese ebenso auch die Gestaltung einschließen. Die Arbeit von Künstlergruppen, deren Mitglieder sich an verschiedenen Orten befinden – etwa in der Cloud –ist nur ein Beispiel. Indem nun Resultate nicht mehr auf ein Individuum zu beziehen sind, entstehen neue Formen von Autorschaft, die Polyvalenz ebenso einschließen wie Anonymität. Sie haben Rechtsfragen zur Folge, wie die der Bestimmung einer Urheberschaft und der entsprechenden Verantwortlichkeiten. In den Diskussionen kamen buch-, literatur- und kunstwissenschaftliche Sichtweisen wie auch gestalterische und produktionstechnische Ansätze zur Sprache. Berücksichtigung fanden dabei neben akademisch-theoretischen Standpunkten auch aus Sammlungen heraus entwickelte Fragestellungen, sowohl von Bibliotheken als auch in Museen aufgeworfene. Gerade die Zusammenführung der verschiedenen Standpunkte ließ deutlich werden, welchen Stellenwert das Buch als kulturelles Phänomen hat und weiterhin haben wird. Dabei wird es weiterhin darum gehen, der materiellen Seite des Buches wie auch den verschiedenen funktionalen Aspekten gerecht zu werden. Tradierte und neue Formen spielen sich nicht gegenseitig aus, sondern nehmen vielmehr wechselseitig Einfluss aufeinander und bringen gänzliche neue Formen hervor, die wiederum auf Produktion und Rezeption zurückwirken. Neue Textformen motivieren neue Leseweisen, neue Leseweisen provozieren eine neue Typographie und neue Layoutkonzeptionen, wie umgekehrt auch die neuen Gestaltungen auf das Rezeptionsverhalten zurückwirken. Lesen ist nicht länger einzig eine kognitive Tätigkeit, sondern eine umfassende sinnliche Erfahrung, an der nicht zuletzt die partizipativen Anteile der Buchgestaltung wie auch der Rezeption teilhaben. Die Zusammenführung von WissenschaftlerInnen aus verschiedenen Bereichen erwies sich unter inhaltlichen Gesichtspunkten also als durchaus fruchtbar. Eine Folge der Kooperation war, dass sich das Netzwerk im Laufe der Zeit konsolidierte und sich gleichzeitig international weiter vernetzen konnte. Hinzu gekommen sind Kontakte in Großbritannien (Sarah Bodman, artist and researcher at the Centre for Fine Print Research, UWE, Bristol, UK), Polen (Katarzyna Bazarnik, Institute of English Philology at Jagiellonian University in Kraków and curator of the Liberature Reading), den USA (Peter R. Koch, Fine Press Printer and Founder of Codex Foundation, Roberto Trujillo, Assistant University Librarian and Director of Special Collection Stanford University Libraries (SUL) und den Niederlanden (Paul van Capelleveen, Bibliothekar Koninklijke Bibliotheek Den Haag). Die internationale Ausrichtung ist insofern von Bedeutung, als der Umgang mit Büchern sich international unterschiedlich gestaltet. In den USA etwa ist die akademische Beschäftigung mit dem Künstlerbuch weit länger eingeführt als in Deutschland oder Frankreich. Das Künstlerbuch in Polen verankert sich in der internationalen Avantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die neben den aktuellen Tendenzen weiter fortwirkt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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