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Identifizierung betroffener zellulärer Zielmoleküle, Mechanismen und Signalwege in Maus- und Zell-Modellen für spinale Muskelatrophie mit Ateminsuffizienz Typ 1 (SMARD1)

Fachliche Zuordnung Molekulare und zelluläre Neurologie und Neuropathologie
Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 268785760
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Spinale Muskelatrophie mit Ateminsuffizienz Typ 1 (SMARD1) ist eine Motoneuronerkrankung bei Kindern mit tödlichem Verlauf. Die Patienten entwickeln neben Schwäche und Atrophie der Skelettmuskeln auch sehr früh eine Zwerchfellparese. Erste Studien an dem sogenannten Nmd2J (neuromuscular disorder) Mausmodell zeigten, dass die Motoneurone keine gestörte Neurotransmission haben, und die Degeneration der Neurone nicht an der Motorendplatte beginnt. Daher haben wir uns die Frage gestellt, welche Mechanismen zum Zelltod der Motoneurone führen. Das krankheitsverursachende Gen kodiert für die RNA-Helikase IGHMBP2, die doppel-strängige RNA entwinden kann. Da die Helikase vermutlich ribosomen-assoziiert in der Zell vorliegt, wurde postuliert, dass sie eine Rolle bei der Proteinbiosynthese spielt. Wir haben uns in dem Projekt hauptsächlich auf primäre Motoneurone aus dem Nmd2J Mausmodell konzentriert. Unser Ziel war es herauszufinden, welche zell-autonomen Mechanismen und intrazellulären RNAs/Proteine durch die Defizienz von Ighmbp2 betroffen sind. Der erste Schritt war ein Versuchsansatz, das Differenzierungsverhalten Ighmbp2-defizienter Motoneurone zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurden primäre Motoneurone von Nmd2J Mausembryonen fünf bis sieben Tage auf Laminin-111 in Gegenwart von BDNF und CNTF kultiviert. Es folgte eine morphologische Analyse, die zeigte, dass sich Somagröße, Dendritenanzahl/länge und Axonlänge nicht von Kontrollzellen unterscheiden. Die Nmd2J Axone wiesen jedoch eine etwas erhöhte Kollateralbildung im distalen Axon auf, aber keine kleineren Wachstumskegel, obwohl eine verringerte β-Aktin Präsenz im Wachstumskegel zu detektieren war. Anschließende in situ Hybridisierungen machten jedoch deutlich, dass die Präsenz von β-Aktin mRNA im Wachstumskegel sowie im Soma nicht verändert ist. Eine globale RNA-Sequenzierungsanalyse mit Nmd2J Motoneuronen zeigte sogar, dass nur eine sehr geringe Zahl von Transkripten in Ighmbp2-defizienten Motoneuronen entweder hoch- oder runterreguliert sind. Daher entschieden wir uns einen FRAP Assay mit einem GFPMyr-β-actin3'UTR- Reporterprotein zu starten. Sowohl im Soma wie auch im distalen Axon von Nmd2J Motoneuronen war eine verzögerte „recovery“ der Fluoreszenz zu erkennen. Dies ließ den Schluss zu, dass in Ighmbp2- defizienten primär kultivierten Motoneuronen eine verzögerte Synthese des GFPMyr-β-actin3'UTR- Reporters vorliegt. Nun stellte sich die Frage, ob generell eine eingeschränkte Proteinbiosynthese unter Ighmbp2 Defizienz zu beobachten ist. Um das herauszufinden, haben wir zuerst eine SUnSET (SUrface SEnsing of Translation) Analyse durchgeführt. Hier zeigte sich, dass keine Intensitätsunterschiede in den Puromyzin-markierten Banden im Vergleich zu Kontroll-Motoneuronen zu erkennen sind. Auch die sogenannte FUNCAT (FlUorescent Non-Canonical Amino acid Tagging) Technik zeigte keine globalen Unterschiede bzgl. der Translation im somatischen Kompartiment sowie im distalen Axon. Um die Synthese einzelner Proteine direkt zu untersuchten, haben wir uns der pSILAC (pulsed Stable Isotope Labeling by Amino acids in Cell culture) Methode bedient. Hier kann man ganz gezielt die Neusynthese einzelner Protein bestimmen. Leider konnten wir auch hier keine signifikanten Unterschiede zu Kontrollmotoneuronen nachweisen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ighmbp2 Defizienz in primär kultivierten Motoneuronen zu keinen globalen Veränderungen auf mRNA und Proteinebene führt. Diese Tatsache erklärt auch die geringen morphologischen Veränderungen von Nmd2J Motoneuronen im Vergleich zu Kontrollzellen. Letzten Endes musste noch geklärt werden, warum der GFPMyr-β-actin3'UTR-Reporter eine verzögerte Synthese in Soma und Wachstumskegel von Ighmbp2-defizienten Motoneuronen zeigt. Eine RNA-Immunopräzipitation (RIP) gab Aufschluss darüber, dass Ighmbp2 prinzipiell keine β-Aktin mRNA bindet, im Gegensatz zum β-Aktin mRNA bindenden Protein IMP1. IMP1 ist an der Verteilung von β-Aktin mRNA und der Synthese von β-Aktin-Protein in Neuronen maßgeblich beteiligt und ist in Nmd2J Motoneuronen auf 70% reduziert. Aufgrund dieser letzten Ergebnisse liegt die Vermutung nahe, dass einige der leichten molekularen und mechanistischen Dysregulationen in Ighmbp2-defizienten Motoneuronen möglicherweise durch die starke Reduktion des β-Aktin mRNA bindenden Proteins IMP1 zustande kommen. Weitere Experimente mit einer IMP1-Überexpression auf Ighmbp2-defizientem Hintergrund könnte mehr Klarheit verschaffen. Darüber hinaus stellt sich nun die Frage, warum die Motoneurone bei SMARD1 überhaupt degenerieren. Da es hier keinen sogenannten Dying-Back Mechanismus gibt, könnte der Beginn der Degeneration auch im Zellkörper stattfinden. Das nun wiederum lässt vermuten, dass nicht-zell-autonome Krankheitsmechanismen ausgehend von anderen neuronalen und nicht-neuronalen Zellen einen gewissen Einfluss haben könnten. Auch diese Idee lässt sich nur durch weiterführende Experimente untermauern.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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