Mistress of Mediation - the German-American Publisher Helen Wolff (1906-1994). A Biographical Study in the Publishing History of the 20th Century from a Gendered and Transnational Perspective
Final Report Abstract
Zunächst einmal liegt der durch das Projekt erreichte wissenschaftliche Fortschritt darin, dass überhaupt eine Biographie Helen Wolffs zur Verfügung stehen wird und damit ein häufig beklagtes Desiderat der transatlantischen Verlags- wie auch der Exilgeschichte beseitigt wurde. Innovativ ist vor allem der mit neuen biographischen Methoden einhergehende geschlechtergeschichtliche Zugriff, der die Person „Helen Wolff“ nicht exemplarisch nimmt, sondern in wechselnden historischen Krisenkonstellationen verortet. Das Buch präsentiert eine Abfolge solcher Konstellationen, über das 20. Jahrhundert und den transatlantischen Raum verteilt, in denen Helene Mosel/Hélène Wolff/Helen Wolff einen Knotenpunkt, aber kein Zentrum bildet. Durch die historische Rekonstruktion des Knotenpunktes im Geflecht seiner Verbindungen, jeweils zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort, wird die biographische Illusion gebrochen; es wird nicht nur die Figur im Wechselspiel der jeweils wirkenden Zwänge, Bedingungen und Möglichkeiten sichtbar, sondern auch eine neue Perspektive auf die jeweilige Epoche und auf das 20. Jahrhundert insgesamt. Im Ergebnis ist so etwas wie eine alternative, aus Fragmenten zusammengesetzte, aber über die weiblichen Subjektivierungsprozesse doch verbundene Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts vom Rand her entstanden, die buchverlagsgeschichtliche, exilgeschichtliche, geschlechtergeschichtliche und allgemeiner politik- und sozialgeschichtliche Entwicklungen miteinander verknüpft und durch den Fokus auf die Sphärentrennungen und -verbindungen zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen/Politischen/Beruflichen neu dimensioniert. Für die Verlagsgeschichte liegt der Mehrwert der Biographie in der Sichtbarmachung der „privaten“ Voraussetzungen und Ressourcen für gelingendes Verlegertum in der Epoche der „Invidiualverleger“, sowie in der europäisch-transatlantischen Einbettung. Für die Exil- und Migrationsgeschichte liegt der Mehrwert in der Aufarbeitung von das Exil ermöglichenden transnationalen sozialen Netzwerken, die mangels ihrer institutionellen Ausprägungen in der Geschichtswissenschaft bisher noch nicht genügend berücksichtigt wurden. Und für die Geschlechtergeschichte ist der Mehrwert vielleicht am größten, weil in den verschiedenen Konstellationen die Funktionsweisen des Patriarchats in Bereichen, wo diese durch die Privatisierung von Quellen (privatisieren im Sinne von: den Augen der Öffentlichkeit entziehen) unsichtbar gemacht worden waren, zu Tage treten und analysiert werden können.