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Imperiale Herrschaft im Weichselland: Das Königreich Polen und das Russische Imperium (1864-1915)

Antragsteller Professor Dr. Malte Rolf
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2014 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 269451328
 
Die Studie untersucht die russische Herrschaft im Königreich Polen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert und zielt darauf, die multiethnische und -konfessionelle Komplexität des Russischen Reichs am Fallbeispiel der imperialen Elite und ihrer Repräsentationen in einer der bedeutendsten Reichsperipherien herauszuarbeiten. Als bevölkerungsstarkes und wirtschaftlich weit entwickeltes westliches Randgebiet war das Königreich Polen in vielem ein Laboratorium, in dem Praktiken der Nationalitätenpolitik und der imperialen Herrschaftssicherung erprobt, zum Teil aber auch erst erfunden wurden.Die Studie widmet sich der Frage, wie sich die kulturelle Identität derjenigen, die das Russische Reich vertraten, in den oft konfliktreichen Begegnungen mit einem einheimischen Gegenüber bildete. Untersucht werden soll, wie diese Kommunikation jene Vorstellungen formte, die die administrative Elite vom Reichszusammenhang hatte, und inwieweit sie die imperiale Herrschaftspraktiken im Königreich Polen beeinflusste. Diese Elite stellte dabei keinesfalls eine homogene Gruppe dar, sondern war selbst von Multiethnizität und von inneren Friktionen gekennzeichnet. Die unterschiedlichen Konzeptionen vom Imperium, die bei Staatsbeamten, Militärs, Lehrern, Juristen und Priestern bestanden, werden in der Studie ebenso zum Thema gemacht wie die Reaktionen der polnischen und jüdischen Bevölkerung. Sie untersucht, wie in den alltäglichen Auseinandersetzungen einer Konfliktgemeinschaft Bilder vom Eigenen und vom Anderen und entsprechende Handlungsoptionen entstanden.Am Beispiel der Stadt Warschau und anhand exemplarischer Fallstudien zu Themenfeldern und Orten der Kommunikationsverdichtung werden somit grundlegende Konfliktlinien, aber auch Möglichkeiten der Zusammenarbeit und der Grenzüberschreitung in der Zeit zwischen dem polnischen Januaraufstand von 1863 und dem Ersten Weltkrieg analysiert. Orte einer Alltagsgeschichte des Imperiums waren unter anderem die Straßen, die Kirchen, die Dienststuben oder die zahlreichen Vereine, an denen sich Kommunikation teils als Konfrontation, teils als Kooperation ereignete.Zudem fragt die Studie in einer transfergeschichtlichen Perspektive nach den Rückwirkungen dieser Begegnungs- und Konfliktsituation auf das Reichszentrum und untersucht, inwieweit die imperialen Repräsentanten in Warschau Einfluss auf die politischen Entscheidungen in St. Petersburg nehmen konnten. Diese selbsterklärten ¿Weichselländer¿ versuchten über zahlreiche Kanäle, die Ausgestaltung zarischer Nationalitätenpolitik mitzuprägen. Auch waren sie als imperiale Beamte mit ¿Grenzerfahrung¿ später oft in anderen Randgebieten des Reichs im Einsatz. Mit Hilfe exemplarischer Biografien solcher ¿Experten des Fremden¿ erforscht die Studie deren Warschauer Erfahrungen, die daraus resultierenden politischen Vorstellungen und ihre Implikationen für den fragilen Zusammenhalt des russischen Vielvölkerreichs.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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