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The Migration Regime in Spanish America (1700-1810)

Subject Area Early Modern History
Term from 2015 to 2019
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 269522225
 
Final Report Year 2020

Final Report Abstract

Migration verfügt über Konflikt- und Bedrohungspotential. Das Migrationsregime in Spanisch-Amerika war wirksam, solange es gelang, den Konflikten und Ängsten, die sich aus der Anwesenheit von Ausländern ergeben konnten, vorzubeugen (Integrations- und Anpassungsdruck) und sie – wenn sie auftraten – zu regulieren. Die Durchsetzung der Gesetze, das heißt Ausweisungen, waren ein hierfür mögliches, aber nur selten eingesetztes Mittel. Vielmehr zielte die koloniale Rechtsprechung darauf, Konflikte zu regulieren, um einen innergesellschaftlichen Zustand der „Ruhe und Ordnung“ (quietud) herzustellen, der Grundlage einer stabilen Herrschaft war. Betrachtet man das Handeln der kolonialen Behörden gegenüber Ausländern in diesem Bezugsrahmen, wird deutlich, dass eine Verwaltung und Justiz, die von der Historiographie lange als unzulänglich angesehen wurden, weil sie die gesetzlichen Vorgaben trotz großer bürokratischer Anstrengungen nicht durchzusetzen vermochten, in Wirklichkeit sehr effektiv war. Anhand des Migrationsregimes kann letztlich gezeigt werden, wie die spanische Herrschaft in Amerika als Zusammenspiel von lokaler Aushandlung und königlicher Autorität funktionierte, sodass sie über 300 Jahre und zahlreiche Krisen und Konflikte hinweg stabil blieb. Dafür verantwortlich war die Flexibilität der spanischen Herrschaft, normative Vorgaben an unterschiedliche Kontexte anzupassen. Die unterschiedlichen Akteure konnten ihre je eigenen Interessen verfolgen, sofern sie die „Spielregeln“ akzeptierten und sich dem König gegenüber als loyale Untertanen zeigten. Die weitgehende Ambiguitätstoleranz der Kolonialherrschaft geriet an ihre Grenzen, als sich am Ende der Kolonialzeit die Interessengegensätze im Migrationsregime verschärften und die Auseinandersetzung um die Anwesenheit der Ausländer einen grundsätzlichen Charakter bekam. Die unterschiedlichen Vorstellungen von Freihandel versus Monopol oder von der prinzipiellen Öffnung Amerikas für Ausländer versus deren Ausschluss aufgrund wirtschaftsund sicherheitspolitischer Überlegungen waren – vor allem was ihre Koppelung mit der Kritik an der Kolonialherrschaft betraf – nicht mehr in das bestehende Migrationsregime integrierbar. Anhand des Migrationsregimes kann somit aufgezeigt werden, wie und warum sich die koloniale Ordnung zwischen 1797 und 1810 aufzulösen begann. Dafür waren weniger kontextuelle Faktoren verantwortlich (entstehende Öffentlichkeit, Unabhängigkeitsgedanke, wirtschafts- und sicherheitspolitischer Wandel) als die Unfähigkeit der Metropole, das Migrationsregime an eine sich verändernde Situation anzupassen.

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