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Opferzeugen in NS-Prozessen. Eine Analyse ihrer wechselhaften Rolle in sechzig Jahren Bundesrepublik

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 269956819
 
Mit dem Projekt soll in einer zweibändigen Monographie die Rolle der ehemaligen NS-Verfolgten bei der juristischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Bundesrepublik systematisch untersucht werden. Am Beispiel der Prozesse zu den Verbrechen im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz und im Vernichtungslager Sobibór soll über einen Zeitraum von sechzig Jahren nachvollzogen werden, welche Bedeutung die NS-Verfolgten als Opferzeugen für die Strafverfolgung hatten und wie sie selbst ihre Rolle wahrnahmen.Für die Auswahl der Tatkomplexe ist von Bedeutung, dass die Opferzeugen aus Auschwitz heterogene Verfolgtengruppen umfassten, die wenigen Opferzeugen aus Sobibór jedoch alle Juden waren. Das Projekt soll zeigen, welche Rolle diese Tatsache in den Prozessen spielte.Die beiden Projektbearbeiterinnen untersuchen die Figur des Opferzeugen in ihrem juristischen Rahmen zwischen 1950 und 2011. Dabei wird der Verfahrensverlauf von der ersten Zeugensuche, den Vernehmungen der meist ausländischen Zeugen in ihren Heimatländern, den Auftritten von Zeugen vor Gericht und der Würdigung ihrer Aussagen in den Urteilsbegründungen nachvollzogen und in den jeweiligen zeithistorischen Kontext gestellt. Im Fokus stehen gleichermaßen der Umgang mit den Opferzeugen in den Verfahren wie deren eigene Intentionen, Handlungsweisen und Erfahrungen. Die Zeitspanne umfasst unterschiedlich intensive Phasen der juristischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen, divergierende strafrechtliche Auffassungen zur Beurteilung der einzelnen Taten sowie ein wachsendes historisches Wissen über die Verbrechen in den einzelnen Lagern. Schließlich ist ein gesellschaftlicher Bedeutungswandel der Zeugenschaft der Überlebenden vom juristischen Beweismittel hin zur Zeitzeugenschaft zu berücksichtigen. Die Prozesse waren begleitet von einem unterschiedlich großen öffentlichen Interesse, das, so eine These, wiederum auf die Rechtsfindung zurück wirkte.In einer Detailanalyse soll exemplarisch aufgezeigt werden, wie die Kommunikation zwischen Opferzeugen und Justizangehörigen ablief, welche Folgen das für die Strafverfolgung hatte und wie sie sich veränderte. Wesentlichen Einfluss auf die Benennung der Zeugen nahmen die Opferverbände und die jüdischen Organisationen. Auch ihrer Rolle soll im Rahmen des Projektes nachgegangen werden. Ziel der vergleichenden Studie ist es, auch die Verfolgten selbst als eine Gruppe heterogener Personen mit unterschiedlichen Interessen ins Zentrum der Betrachtung zu rücken. Das umfangreiche Quellenmaterial findet sich vor allem in den Ermittlungs- und Prozessakten zu den insgesamt 18 Einzelverfahren, in Protokollen, Tonbandaufzeichnungen, Korrespondenzen zwischen den Justizangehörigen und den Zeugen sowie zwischen den Interessensgruppen und den Zeugen. Darüber hinaus werden die Akten beteiligter Bundesbehörden wie des Auswärtigen Amtes und des Bundespresseamtes, aber auch der Justizministerien der betroffenen Bundesländer einbezogen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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