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Von den Genen zum Verhalten: genetische Analyse der neuronalen Netzwerke des Polarisationssehens in der Fruchtfliege Drosophila melanogaster

Fachliche Zuordnung Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Förderung Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 269962750
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das visuelle System von Drosophila melanogaster ist eines der am besten verstandenen Modellsysteme in der Entwicklungsgenetik. In den letzten Jahrzehnten wurde es auch zu einem wichtigen Modell, um zu verstehen, wie neuronale Schaltkreise die visuelle Wahrnehmung steuern. Insbesondere die Untersuchung der Photorezeptoren R1-6 und ihrer postsynaptischen Zellen war entscheidend für das Verständnis, wie Richtungsselektivität in einem neuronalen Schaltkreis entsteht. Zu Beginn dieses Projekts war weitaus weniger über Funktion und Konnektivität der Photorezeptoren R7 und R8 bekannt, deren molekulare und morphologische Merkmale drei verschiedene ommatidiale Subtypen definieren (pale, yellow und DRA). Ein stochastisches Mosaik in 95 % des adulten Fliegenauges besteht aus pale und yellow Ommatidien, wobei R7 und R8 unterschiedliche Kombinationen von Rhodopsin-Genen exprimieren, was ideal ist für das Farbensehen. Die verbleibenden ~5 % der Ommatidien bilden ein schmales Band entlang des dorsalen Augenrandes (den so genannten „dorsalen Randbereich“ oder DRA), in dem R7 und R8 monochromatische Paare von Polarisationssensoren mit vergrößertem Durchmesser und orthogonal ausgerichteten, nicht verdrehten Mikrovilli-Orientierungen bilden. Außerhalb der DRA-Region wurde der distale Medulla-Zelltyp Dm8 als der stärkste postsynaptische Partner der UV-empfindlichen R7-Zellen identifiziert, der die Eingänge von ~14 benachbarten Facetten bündelt und damit ideal als Schlüsselmotiv für die Verarbeitung von Farbgegensätzen geeignet ist. Als wir anfingen, war nichts über mögliche Ähnlichkeiten oder Unterschiede zwischen Schaltkreisen für die Verarbeitung von Farb- und Himmelslichtpolarisation bekannt. Könnte derselbe Schaltkreis-Bauplan beide Reize verarbeiten? Oder wären modalitätsspezifische Anpassungen erforderlich? Wir benutzten eine Kombination aus Neuroanatomie und Verhaltensexperimenten, um die DRA-Schaltkreise zu untersuchen. Einerseits bauten wir virtuelle Flugarenen, um die Navigationsentscheidungen einzelner Fliegen zu quantifizieren (Wildtyp oder nach Manipulation der Schaltkreise). Andererseits benutzten wir moderne lichtmikroskopische Techniken, den DRA-Schaltkreis systematisch zu charakterisieren. Etwa zur Hälfte des Projekts konnten wir auf EM-basierte Connectomics-Daten zugreifen, um synaptische Konnektivität zu untersuchen. Zu unserer Überraschung fanden wir nur in der DRA zwei verschiedene Dm8-ähnliche Zelltypen, die entweder post-synaptisch zu R7-DRA (Dm-DRA1) oder zu R8-DRA (Dm-DRA2) sind. Eine solche Verdoppelung der R7→Dm8 Schaltkreise ist gut geeignet, um orthogonale Polarisationswinkel mit gleicher Gewichtung zu verarbeiten. Schließlich haben wir verschiedene Klassen von visuellen Projektionsneuronen (so genannte MeTu-Zellen) beschrieben, von denen einige spezifisch stromabwärts von Dm- DRA1 liegen und daher als Eingang für die Polarisationsinformationen des Himmelslichts in den Zentralkomplex dienen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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