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Trinken gegen Schmerz? Physiologische und psychologische Wirkmechanismen von Alkohol auf die Schmerzwahrnehmung

Antragsteller Professor Dr. Stefan Lautenbacher, seit 8/2020
Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2015 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 270293385
 
Selbstmedikation durch Alkoholkonsum ist ein weit verbreitetes Phänomen bei Patienten mit chronischen Schmerzen. Auch experimentelle Untersuchungen konnten schmerzdämpfende Effekte von Alkohol zeigen. Jedoch ist noch weitgehend ungeklärt, über welche Wirkmechanismen Alkohol Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung ausübt. Ziel des geplanten Projekts ist es daher, physiologische und psychologische Mechanismen von Alkohol auf die Schmerzwahrnehmung bei Patienten mit chronischen Schmerzen und schmerzfreien Personen zu identifizieren. Das Projekt besteht aus zwei Projektsträngen; im ersten Strang zur Aufklärung physiologischer Mechanismen soll untersucht werden, ob Alkohol in subklinischer Dosis Einfluss auf Prozesse der endogenen Schmerzmodulation (conditioned pain modulation (CPM), temporale Summation) nimmt. CPM (früher DNIC) bezeichnet eine Hemmung der Wahrnehmung eines ersten Schmerzes durch gleichzeitige Applikation eines zweiten Schmerzreizes an einer anderen Körperstelle, temporale Summation meint eine Schmerzverstärkung durch wiederholte Applikation von Schmerzreizen in kurzen zeitlichen Abständen; beide Prozesse werden in dysfunktionaler Form als pathophysiologische Mechanismen der Schmerzchronifizierung diskutiert. Der zweite Projektstrang widmet sich psychologischen Faktoren: Sowohl die Emotionsverarbeitung als auch die Impulskontrolle spielen wichtige Rollen bei der Schmerzverarbeitung, die durch Alkohol verändert werden könnten. Es ist bekannt, dass die Emotionsverarbeitung (z.B. Angst, Ärger) unter Alkoholeinfluss deutlich verändert ist; jedoch ist noch ungeklärt, inwieweit der Einfluss von Alkohol auf die Schmerzwahrnehmung über solche emotionale Faktoren vermittelt ist. Eine Schwächung der Impulskontrolle durch Alkohol führt zur Enthemmung respondenten Verhaltens, wovon auch die Schmerzmimik als wichtiger Teil des Schmerzverhaltens betroffen sein könnte; ähnliche Effekte wurden bereits beim Ärgerausdruck nachgewiesen. Solche Effekte hätten nicht nur Bedeutung für die emotionale Kommunikation, sondern auch für das Schmerzerleben selbst, da eine verstärkte Schmerzmimik über facial feedback-Mechanismen eine Intensivierung des Schmerzerlebens nach sich ziehen könnte. Die Alkoholwirkung auf diese physiologischen und psychologischen Faktoren wird bei schmerzfreien Personen und Patienten mit funktionellem chronischem Rückenschmerz (häufige Selbstmedikation durch Alkohol, große Bedeutung psychophysiologischer Faktoren) untersucht, weil speziell bei den Patienten als Chronifizierungsvoraussetzungen oder -folgen Veränderungen der Wirkungsmechanismen von Alkohol auf Schmerz erwartet werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Mitverantwortlich Professor Dr. Jörg Wolstein
Ehemalige Antragstellerin Dr. Claudia Horn-Hofmann, bis 8/2020
 
 

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