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Kompensation des Umkehrspiels in Zahnstange-Ritzel-Antrieben durch die Erfassung der Beschleunigung des Maschinentisches

Fachliche Zuordnung Produktionsautomatisierung und Montagetechnik
Förderung Förderung von 2015 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 271104968
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zahnstange-Ritzel-Antriebe (ZRA) werden in Werkzeugmaschinen als lagegeregelte Vorschubantriebssysteme eingesetzt. Als Regelungsstruktur kommt hierfür fast ausschließlich eine Kaskadenregelung mit unterlagerter Strom-, Drehzahl- und Lageregelung zum Einsatz. Derartige Vorschubantriebssysteme werden häufig mit indirekter Lageregelung betrieben, woraus eine Verminderung der Positionier- und Bahngenauigkeit sowie des dynamischen Steifigkeitsverhaltens resultiert. Der Kerngedanke des KUMS- Forschungsprojekts ist es, die üblicherweise nicht bekannte abtriebsseitige Tischbeschleunigung zu erfassen, um zusätzliche Kompensationsstrukturen zur ganzheitlichen Verbesserung des dynamischen Verhaltens zu erforschen. Nachdem in der ersten Förderperiode beschleunigungsbasierte Umkehrspielkompensatoren entwickelt wurden, lag der Fokus in der zweiten Förderperiode auf der Erforschung eines zusätzlichen beschleunigungsbasierten Störgrößenkompensators mitsamt der messtechnischen Evaluierung sowie der Betrachtung anwendungsrelevanter Faktoren. Die mit dem Störgrößenkompensator erzielten experimentelle Ergebnisse zeigen, dass eine wesentliche Verbesserung des dynamischen Störverhaltens erzielt werden kann. Dies zeig sich einerseits in der Verringerung der maximal im Antriebsstrang auftretenden Nachgiebigkeit um ca. 32% und anderseits in einer starken Reduktion des abtriebsseitigen Positionsfehlers beim Aufbringen von Fräskräften. Die Umsetzung des Verfahrens setzt das Vorhandensein eines tischseitig angebrachten Beschleunigungssensors voraus. Zudem wird der drehmomentbildende Strom des Antriebs benötigt, welcher jedoch umrichterseitig für die unterlagerte Stromregelung als Sensorsignal vorliegt. Für eine robuste Funktionsweise mit gegenphasiger Störunterdrückung muss die Kompensation im hochdynamischen Stromregeltakt betrieben werden, weshalb die Anforderungen an die Rechen- und Signalverarbeitungshardware als hoch einzustufen sind. Demgegenüber stehen jedoch das hohe Verbesserungspotential des dynamischen Störverhaltens sowie die verhältnismäßig geringe Komplexität der Kompensationsalgorithmik, welche über wenige Elementaroperationen mit zusätzlich zwei Filterstrukturen realisiert werden kann. Die Parametrierung des Kompensationsverfahrens erfolgt nach einer standardisierten Vorgehensweise auf Basis einer Frequenzganganalyse und den ohnehin vorhandenen Datenblattwerten der Komponenten. Zusätzlich zur entwickelten Störgrößenkompensation wurden die bereits in der ersten Förderperiode entwickelten Umkehrspielkompensatoren hinsichtlich eines Betriebs mit dem drehmomentbildenden Strom erweitert. Die am Versuchsstand erzielten experimentellen Untersuchen zeigen dabei, dass bei konstant bleibenden Verhältnisse der Dynamikparameter des Sollwertprofils sowohl die Bahn- als auch die Positioniergenauigkeit im Vergleich zum konventionellen System gesteigert werden kann. Treten jedoch große abtriebsseitige Störkräfte auf, so kann der Kraftschluss zwischen Zahnstange und Ritzel des ohne Zusatzsensorik auskommenden Verfahren nicht mehr zuverlässig erkannt werden. Die Anwendbarkeit beider strombasierter Verfahren setzt zudem das Vorhandensein ein möglichst rauscharmen und im Stromregeltakt vorliegenden Sensorsignals voraus, um die kurzeitigen Spitzen im Stromsignal detektieren zu können. Im Hinblick auf das Führungs- und Störverhalten zeigt sich, dass sich beide Kompensationsstrukturen wechselseitig ergänzen. Während der Störgrößenkompensator in erster Linie zur Verbesserung des Störverhaltens beiträgt, erhöht der Umkehrspielkompensator die statische Positionier- sowie die dynamische Bahngenauigkeit des untersuchten Zahnstange-Ritzel Antriebs. Hinzu kommen die grundsätzlich günstigen Auswirkungen auf die Effizienz des Vorschubantriebssystems. So kann einerseits die durch den elektrischen Antriebsmotor aufgenommen Energie reduziert und andererseits die auf das Vorschubantriebssystem wirkende mechanische Belastung verringert werden. Die Robustheit beider Strukturen wurden in einem praxisrelevanten Kontext untersucht, bei welchem die Masse des Maschinentisches jeweils um ±24% variiert wurde. Sowohl bei einer positiven als auch einer negativen Variation der Tischmasse konnten die Verbesserungen bzgl. des Stör- und Genauigkeitsverhaltens beibehalten werden. Beide Verfahren können grundsätzlich aufgrund der verhältnismäßig einfachen Algorithmik auf industrielle Plattformen portiert werden. Der Umkehrspielkompensator wurde sowohl direkt im Antriebsverstärker durch das zusätzliche Optionspaket DCC implementiert und zusätzlich auf einer weiteren Zahnstange-Ritzel Achse über eine RSI-Schnittstelle umgesetzt. Der Störgrößenkompensator konnte hingegen aufgrund der limitierenden Abtast- und Rechenzeit des DCC-Paketes (1 ms) und der RSI-Schnittstelle (4 ms) nicht umgesetzt werden, da das Verfahren für eine robuste gegenphasige Störkompensation die Berechnung im Stromregeltakt voraussetzt. Zusammengefasst kann mit den beiden Förderperioden entwickelten beschleunigungsbasierten Kompensationsstrukturen ein Beitrag zur Verbesserung der statischen und dynamischen Eigenschaften von indirekt geregelten Zahnstange-Ritzel-Systemen geleistet werden. Das Potential und die industrielle Verwertbarkeit der Methoden kann aufgrund der technologischen Fortschritte im Bereich der MEMS- Sensorik und der zunehmenden Verfügbarkeit leistungsstarker Berechnungshardware als grundsätzlich positiv angesehen werden.

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