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Erzwungenes Vertrauen: Emotionale Bindungen zwischen Bevölkerung und Staat in Sowjetrussland (1917-1991), Geschichte des Vertrauens und Mißtrauens

Antragsteller Dr. Alexey Tikhomirov
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2015 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 271503585
 
Vertrauen ist ein essentieller Bestandteil des menschlichen Lebens und fundamental für das Funktionieren moderner, komplexer Gesellschaften. Nicht nur Demokratien, sondern auch Diktaturen wie der sowjetische Staat und autoritäre Regime wie die sozialistischen Gesellschaften im Nachkriegseuropa brauchten Vertrauen als entscheidenden Beitrag zur sozialen Integration und zur Stabilität der politischen Ordnung. Aber wie viel Vertrauen benötigte eine Diktatur, um die Lebensfähigkeit des Regimes sicherzustellen? Wie schuf der Propagandastaat das Vertrauen, welches er brauchte, um sich zu legitimieren? Wie erlebte die Bevölkerung Vertrauen und Misstrauen in den Wirren des Alltags? Die Antworten auf diese Fragen sind wichtig, um die Probleme zu verstehen, die beim demokratischen Wandel in postkommunistischen Ländern auftreten, und zu erklären, wie heutzutage neoautoritäre Systeme entstehen. Mein Projekt, eine Kulturgeschichte von Vertrauen und Misstrauen im sowjetischen Russland in den Jahren 1917-1991, ist eine historische Untersuchung mit dem Ziel, die die Rollen von Vertrauen / Misstrauen als emotionale Stützen bei der Organisation des sowjetischen Staates und der sowjetischen Gesellschaft zu verdeutlichen. Meine These lautet, dass der sowjetische Staat den gesellschaftlichen Zusammenhalt durch das paradoxe Prinzip des erzwungenen Vertrauens bewahrte: die Ineffizienz der Bürokratie gab der Bevölkerung ein Gefühl der Wehrlosigkeit, was sie dazu veranlasste, offiziellen Institutionen zu misstrauen und sich Netzwerken erzwungenen Vertrauens anzuschließen. Diese Netzwerke wurden von lokalen Patronen geleitet, welche unter dem vollständigen Schutz der Staatsspitze standen. Im Ergebnis wurde erzwungenes Vertrauen ein Charakteristikum der kommunistischen Moderne: der Anstieg des generalisierten Misstrauens war die grundlegende Voraussetzung, um obligatorisches Vertrauen in die bolschewistische Partei und den sowjetischen Staat zu bilden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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