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Das Neuenbürger Erzrevier im Nordschwarzwald als Wirtschaftsraum während der Späthallstatt- und Frühlatènezeit

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2006 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 27193707
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Durch Prospektionstätigkeit gelang es mittlerweile 73 Schlackenplätze im Neuenbürger/Pforzheimer Gangerzrevier ausfindig zu machen und zu charakterisieren. Die Standorte lassen sich hinsichtlich der Topographie recht klar in vier Typen untergliedern. 70 Plätze können schlackentypologisch den Verhüttungsaktivitäten der Späthallstatt-/Frühlatènezeit zugeordnet werden. Die Schlackenmengen pro Platz belaufen sich (geschätzt) auf durchschnittlich 15 t. 65 Plätze liegen allein im Umkreis von 5 km um die frühlatènezeitliche Höhensiedlung auf dem Neuenbürger Schlossberg. Obwohl sich die Erzvorkommen noch wesentlich weiter erstrecken, konnten trotz gezielter Prospektion bisher keine weiteren Plätze ausfindig gemacht werden (lediglich 5 Plätze in einer Entfernung von mehr als 11 km im Würmtal). Dies könnte durchaus im Sinne einer Territorialität zu interpretieren sein, woran sich natürlich weiterführende Fragestellungen knüpfen. Bisherige Untersuchungen ausgewählter Schlackenplätze an drei unterschiedlichen Standorttypen (Oberlauf eines tief eingeschnittenen Bachtälchens mit Hangterrasse, durchfeuchtete Bereiche auf der Hochfläche und künstliche Terrasse an der Talsohle) geben Aufschluss über Installationen, Umfang und Organisation der Metallproduktion. Neben der Verhüttung scheint demnach die erste Weiterverarbeitung der Rennfeuerluppen zum Standardrepertoire zu gehören. Neue Erkenntnisse zur Verhüttungstechnologie haben Funde von Pochsteinen und Schiebemühlen ergeben: das Erz wurde demnach vor der Verhüttung bis zur Pulverform zerkleinert. Dies wurde experimentell nachvollzogen und führte zum Erfolg. Bislang lassen sich zwei Ofentypen im Hinblick auf ihre unterschiedliche Belüftung klar umschreiben: "Hangwindöfen" (Typ Neuenbürg) am Verhüttungsplatz Schnaizteich und vielleicht vom Grösseltal sowie "Gebläseöfen" (Blasebalg). Schlackentypologisch und im Gefügebild konnten bisher keine Unterscheidungskriterien herausgearbeitet werden, weil die Prozessabläufe vermutlich sehr ähnlich waren. Auch bei den Ofenquerschnitten zeigen sich keine markanten Unterschiede. Luppenreste von allen bisher untersuchten Plätzen zeigen stets schwankende, aber hohe Kohlenstoffgehalte. Es wurde also gut aufgekohlter härtbarer Stahl produziert. Als Fazit zeichnet sich eine zeitlich begrenzte, recht intensive - und sicher noch umfangreichere als mit den erhaltenen Relikten nachweisbare - Eisenproduktion im Neuenbürger Erzrevier in frühkeltischer Zeit ab. Es scheint, als ob alle lagerstättennahen Gunstlagen zur Errichtung und zum Betrieb von Rennöfen ausgeschöpft worden wären und sogar als günstig erachtete Lagerstätten fernerer Standorte bezogen worden seien. Dies spricht für ein spezialisiertes Arbeiten fernab der landwirtschaftlichen Produktionsflächen, das ausschließlich auf die Eisengewinnung zielte. Es war dementsprechend wohl einem spezialisierten Personenkreis vorbehalten, die erforderlichen Arbeiten zu verrichten. Die Anzahl der Akteure muss beträchtlich gewesen sein. Dies lässt auf einen hohen Organisationsgrad und eine entsprechende Infrastruktur schließen. Die Arbeiten rund um die Eisenproduktion führten sicherlich zu einer erheblichen Aufhellung des Waldbildes und zu entsprechenden Umweltbeeinträchtigungen, auch durch den Erzabbau. Großflächige radikale Entwaldungen sind aber nicht anzunehmen, in dieser Hinsicht hat sich das Projekt sehr gut mit dem ebenfalls von der DFG geförderten archäobotanischen Projekt von M. Rösch zur Vegetationsgeschichte im Nordschwarzwald ergänzt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Ritus und Religion in der Eisenzeit. Beiträge zur Sitzung der AG Eisenzeit während der Jahrestagung des Mittel- und Ostdeutschen Verbandes für Altertumsforschung e. V. in Halle an der Saale 2007. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas, Bd.49. 2008, 160 S.
    Chr. Eggl, P. Trebsche, I. Balzer, J. Fries-Knoblach, J. Koch, H. Nortmann, J. Wiethold
  • Kelten am Rhein: Akten des dreizehnten Internationalen Keltologiekongresses, 23. bis 27. Juli 2007 in Bonn; proceedings of the Thirteenth International Congress of Celtic Studies (Vol. 1-2). Bonner Jahrbücher. Beihefte / Bd. 58. 2009.
    Zimmer, Stefan
  • Technologieentwicklung und -transfer in der Hallstatt- und Latènezeit.Beiträge zur Internationalen Tagung der AG Eisenzeit und des Naturhistorischen Museums, Prähistorische Abteilung – Hallstatt 2009. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas, Bd.65. 2012, 306 S.
    Anton Kern, Julia K. Koch, Ines Balzer, Janine Fries-Knoblach, Kerstin Kowarik, Christiana Later, Peter Ramsl, Peter Trebsche, Julian Wiethold
  • Produktion – Distribution – Ökonomie. Siedlungs- und Wirtschaftsmuster der Latènezeit. Akten des internationalen Kolloquiums in Otzenhausen, 28.-30. Oktober 2011. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie, Bd. 258. 2014, 446 Seiten.
    Sabine Hornung
  • Under the volcano : proceedings of the International Symposium on the Metallurgy of the European Iron Age (SMEIA) held in Mannheim, Germany, 20 - 22 April 2010. Forschungen zur Archäometrie und Altertumswissenschaft, Bd. 5. 2014, 220 S.
    Ernst Pernicka, Roland Schwab
 
 

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