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Technosensorische Teilhabeprozesse. App-Praktiken und Dis/Ability
Antragstellerin
Professorin Dr. Beate Ochsner
Fachliche Zuordnung
Theater- und Medienwissenschaften
Förderung
Förderung von 2015 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 258454408
In der Fortsetzungsphase werden wir unseren sinnestechnologischen Fokus auf Teilhabeprozesse des (Nicht-)Hörens mit dem Cochlea Implantat erweitern und uns auf Sinnesmodalitäten und Teilhabebedingungen zeitgenössischer Apps für seh- und hörbehinderte Menschen konzentrieren. Dabei stehen weniger die in den Disability Studies kritisierten Befähigungs- oder Ermächtigungsdiskurse digitaler Unterstützungstechnologien im Vordergrund, die assistive Apps oder komplexe Dienstleistungssysteme häufig als ‚neutrale‘ Akteure der Normalisierung verstehen. Denn auf diese Weise wird nicht nur eine vorauszusetzende Differenzierung zwischen Behinderung und Nicht-Behinderung erneut eingeschrieben. Ebenso verstellt dies den Blick auf technosituative App-Praktiken, die die Unterscheidung zwischen Teilhabe und Nicht-Teilhabe, Befähigung und Behinderung, zwischen en- und disabled gerade nicht aufrufen, um sie in einem Normalisierungsprozess zu überwinden, sondern sie produktiv thematisieren. Basierend auf Bachelards Begriff der Phänomenotechnik wollen wir demzufolge Teilhabeprozesse spezifischer App-Assemblagen und Praktiken identifizieren und in ihren Relationen zueinander analysieren, um bestehende Machtverhältnisse und simplifizierende Dichotomisierungen zu dekonstruieren. Mit Haraways partialer Perspektive hinsichtlich heterogener companion-ships ist es unser Ziel, zum einen die komplexen Relationen beobachtbar zu machen, die gleichermaßen Teilhabe und Nicht-Teilhabe in und durchspezifische techno-sensorische bzw. soziotechnische Konstellationen hervorbringen, und zum anderen die Mechanismen, Prozesse und Machtverhältnisse zu beschreiben, die Asymmetrien zwischen agencies bzw. letztendlich unterschiedlichen Akteuren erzeugen. Neben der apriorischen Unterscheidung von ermöglichenden und behindernden Alltagssinnespraktiken mit und durch Apps, haben wir uns bereits in der ersten Förderphase von Ansätzen verabschiedet, die Subjekte gegenüber identifizierbaren Objekten, Anwendungen und Umgebungen oft als autonom und intentional handelnd voraussetzen. Vielmehr gehen wir von einer Verschränkung und Vernetzung von Sinnen, (technischen) Objekten, menschlichen Akteuren, Praktiken und Diskursen/Wissen aus, welche in ihrer reziproken Bedingtheit als nicht unterscheidbar bezeichnet werden können – grundsätzlich werden jegliche beschreibbaren Elemente sowohl als mediatisierend wie auch mediatisiert verstanden. In unserem ersten Arbeitsbereich werden wir uns den theoretischen Grundlagen einer Theorie technosensorischer Teilhabe widmen. Im zweiten Arbeitsbereich stehen mediale, ethische und soziale Möglichkeiten wie auch Bedingungen von Teilhabe in den Gebräuchen zeitgenössischer assistiver App-Technologien im Fokus. In Arbeitsbereich 3 werden Teilhabekonstellationen von Audio Games untersucht und die phänomenotechnischen Prozesse, die in auditiven Übersetzungen vorwiegend graphischer Spielkonzepte im Gange sind.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen