Synthese und Charakterisierung verschiedener Prodrugs der antiviral aktiven T-705- und T-1105-Ribosephosphatmetabolite
Biologische und Biomimetische Chemie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Favipiravir (T-705) und sein Strukturanalogon T-1105 sind vielversprechende small-molecule-Wirkstoffe gegen Infektionen mit RNA-Viren, wie bspw. das Ebola oder Lassa Virus. Insbesondere wurde T-705 als Therapeutikum gegen die Grippe entwickelt, also gegen Infektionen mit Influenzaviren. Allerdings müssen beide Substanzen, T-705 und T-1105, innerhalb von Zellen verstoffwechselt werden, um wirksam zu sein. Dadurch wird die Effizienz der Wirkstoffe geschmälert. Eine wesentlich höhere Wirksamkeit wäre theoretisch erreichbar, würden die aktiven Formen der Wirkstoffe direkt und effizient in den Zellen freigesetzt. Als Pseudobasen werden T-705 und T-1105 in Zellen zu Ribonucleosidtriphosphaten umgesetzt und bilden so Analoga der natürlichen Substrate von RNA-Polymerasen. Sie hemmen in Folge die von viralen Polymerasen katalysierte Vervielfältigung des viralen Erbguts. Zu Projektstart war nur der initiale Schritt der metabolischen Aktivierung der Pseudobasen untersucht und als ineffizient charakterisiert. Für das Erreichen der letztendlich aktiven Substanzen sind in Folge noch zwei weitere, bis dato nicht beschriebene Schritte nötig. In dieser Arbeit wurden erstmals Substanzen ausgehend von T-705 und T-1105 chemisch synthetisiert, die die metabolische Aktivierungskaskade Schritt für Schritt umgehen - also Verbindungen, die die spezifischen Metaboliten effizient freisetzen. Über eine Steigerung der antiviralen Aktivität hinaus wurde es mittels dieser Substanzen auch möglich, neben dem bekannten metabolischen ‚Flaschenhals’, einen weiteren potentiellen Engpass zu identifizieren und zu umgehen. Diese Ziele wurden unter Anwendung bekannter Prodrug-Technologien erreicht, die für die intrazelluläre Freisetzung antiviraler Nucleotide entwickelt wurden (cycloSal-, DiPPro- und TriPPPro-Konzept). Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass allein die Umgehung des ersten, bekannten Schritts der metabolischen Aktivierung nicht zum Erfolg führt. Im Gegenteil wird so möglicherweise ein weiterer, bisher für diese Wirkstoffe nicht beschriebener metabolischer Engpass angesprochen. Die Verbindungen, die auch den zweiten metabolischen Aktivierungsschritt umgingen, zeigten demgemäß eine deutlich gesteigerte Wirksamkeit gegen Influenzavirus-Infektionen im Zellexperiment, sogar in einer Zelllinie, in der die Ausgangsverbindungen aufgrund fehlender Metabolisierung inaktiv sind. Unter Umgehung auch des dritten Schritts wurde keine weitere Steigerung erreicht. Initiale Studien in Zellextrakten bekräftigten die Annahme, dass dieser dritte metabolische Schritt sehr effizient abläuft. Unvorhergesehenerweise zeigte sich während der experimentellen Arbeiten, dass T-705 sehr instabil wurde, sobald man es entsprechend der metabolischen Aktivierung chemisch veränderte. Nicht nur ergaben sich daraus neue Herausforderungen für die geplanten chemischen Synthesen. Insbesondere die Bedeutung, die diese neue Erkenntnis für biologische Experimente, deren Interpretation und für die Anwendung von T-705 als Therapeutikum haben könnte, stimulierte detaillierte Untersuchungen. Schließlich wurde der Fluorsubstituent in T-705 und seine Verdrängung durch Wasser als Ursache der Labilität identifiziert, die weitere Spaltungen in dem Molekül initiiert. Selbiges stellt für die Schwesterverbindung T-1105 kein Problem dar, da diese den Fluorsubstituenten nicht enthält.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Synthesis of T-705-Ribonucleoside and T- 705-Ribonucleotide and Studies of Chemical Stability. ChemMedChem, 2017, 12, 652-659
J. Huchting, M. Winkler, H. Nasser, C. Meier