Quantitative Rekonstruktion holozäner Klimaänderungen mittels Sauerstoffisotopenanalysen an biogenem Opal und Zellulose lakustriner Sedimente der Eifel
Final Report Abstract
In dem abgeschlossenen Projekt wurden hoch aufgelöste Sedimentsequenzen aus den Klimaarchiven Holzmaar und Dürres Maar (West-Eifel Vulkanfeld) für eine regionale Rekonstruktion der Klima- und Umweltentwicklung während des Holozäns genutzt. Es wurde ein zeitlich hoch aufgelöster d18OKieselalgen-Datensatz aus dem Sediment des Holzmaares über den Zeitraum zwischen ~9000 und ~2000 Warvenjahren cal. BP zusammengestellt. Die Ergebnisse dieser Isotopenuntersuchungen wurden mit einem 18O/16O-Datensatz aus subfossiler Sphagnum-Zellulose aus dem Archiv Dürres Maar verglichen. Ein abgeleiteter Fraktionierungsdatensatz sollte für eine quantitative Rekonstruktion der Wassertemperatur des Holzmaares genutzt werden. Es zeigte sich jedoch, dass diese Zeitreihe die mögliche Variabilität der Wassertemperatur deutlich überschätzt. Die empirisch belegte Temperaturabhängigkeit der Sauerstoffisotopenfraktionierung beim Kieselalgenwachstum ist somit nicht einfach auf Paläo-Zeitreihen übertragbar. Als wahrscheinlichste Ursache für die Überschätzung der Temperaturvariabilität kommt eine fehlerhafte Beurteilung des Sauerstoffisotopenverhältnisses des Wassers im Zeitraum des Kieselalgenwachstums (d.h. des Quellwertes für die Isotopenfraktionierung) in Frage. In kleinen Seen, die den Grundwasserkörper anschneiden, variiert das Sauerstoffisotopenverhältnis des Wassers (d18OH2O) grundsätzlich mit dem Sauerstoffisotopenverhältnis des Grundwassers (d18OGW). So auch beim Holzmaar. Wahrscheinlich stellen bei dem See mit seinem sehr kleinen Einzugsgebiet und der kurzen Wassererneuerungszeit von weniger als einem Jahr witterungsgetriebene Faktoren (Niederschlagsherkunft, Niederschlagsverteilung und -intensität, Kondensationstemperatur, thermische Stratifizierung, Evaporation von H2O-Molekülen mit dem leichteren 16O-Isotop) in ihrer Summe einen dominierenden Faktor dar, gegenüber dem die längerfristige Variabilität des d18OGW-Wertes zurücktritt. Gleichwohl ist in dem Fraktionierungsdatensatz ein Temperatursignal enthalten, dass allerdings von einem oder mehreren der genannten Faktoren verstärkt wird. Entgegen der derzeit akzeptierten Meinung konnte in dem Projekt eindrucksvoll gezeigt werden, dass aus holozänen Sedimenten kleiner Seen extrahierbare Zellulose nicht zwangsläufig aquatischen Ursprungs ist. Eine für das Holzmaar durchgeführte genaue Evaluierung sämtlicher aquatischer und terrigener Zellulosequellen veranschaulicht, dass die in den Sedimenten des Sees enthaltene Zellulose eindeutig terrigener Herkunft ist. Die d18OZellulose-Zeitreihe aus dem Kern HZM4a/b kann daher nicht zur Rekonstruktion des Sauerstoffisotopenverhältnisses des Seewassers herangezogen werden. Im Rahmen des abgeschlossenen Projektes konnte gezeigt werden, dass Sphagnum-Torfakkumulationen in verlandeten Maarkratern ein sehr großes Potenzial für die terrestrische Paläoklimatologie haben. In Mitteleuropa erschwert der starke menschliche Einfluss der letzen ca. 4000 Jahre auf derartige Ökosysteme eine Umwelt- und Klimarekonstruktion auf der Basis von Pollen oder pflanzlichen Makroresten erheblich. Bei einer sorgfältigen Auswahl des Probenmaterials bieten isotopengeochemische Methoden hier den Vorteil, Klimasignale aus den Archiven zu extrahieren, die nicht durch anthropogene Veränderungen der Umwelt verursacht bzw. von solchen Einflüssen modifiziert wurden. Eine im Rahmen des Projektes erschienene Publikation belegt, dass bei sorgfältiger Auswahl des Probenmaterials mittels stabiler Isotope Klimasignale aus Sphagnum-Torfen extrahierbar sind. Die Publikation stieß auf erhebliches Interesse in der derzeit wachsenden Community, die sich mit der Rekonstruktion von Umwelt- und Klimabedingungen mittels stabiler Isotope befasst. Sie wurde im Jahre 2009 veröffentlicht und bisher bereits siebenmal in Artikeln mit wissenschaftlicher Begutachtung (peer review) zitiert. Mit Hilfe eines d13CSphagnum-Datensatzes aus dem Archiv Dürres Maar erfolgte eine Temperaturrekonstruktion über den Zeitraum der letzten ~2000 Jahre. Die dabei rekonstruierte lokale Temperaturanomalie ist sehr gut mit der Rekonstruktion der nordhemispherischen Temperatur von Esper et al. (2002) korreliert, was das große Potenzial von d13CSphagnum-Zeitreihen als Temperaturproxy verdeutlicht. Die fehlende absolute Genauigkeit der Alter-Tiefen-Modelle von d13CSphagnum-Zeitreihen wird durch das Potenzial ausgeglichen, dass die Rekonstruktionen bei entsprechend alten Torfakkumulationen über mehrere tausend Jahre ausgedehnt werden können.
Publications
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(2007): Holocene environment dynamics of the Western Eifel region, Germany, quantified by pollen and stable isotopes. 4th International Limnogeology Congress, Barcelona, Spain. Abstract Volume (Poster)
Kühl, N., Moschen, R., Wagner, S. and Lücke, A.
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(2007): Pollenanalytische und isotopengeochemische Untersuchungen an holozänen Sedimenten des Dürren Maares (Westeifel). 17. Jahrestreffen des Arbeitskreises Vegetationsgeschichte der Reinhold-Tüxen-Gesellschaft, Göttingen (Vortrag)
Wagner, S., Kühl, N., Moschen, R.
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(2007): The small Desmodesmus species in the mixed algal assemblages in Lake Holzmaar. Algae in ecological quality of water assessment; XXVI International Phycological Conference, Lublin-Nal?czów, Poland. Abstract Volume (Vortrag)
Messyasz, B.; Lücke, A. & Moschen, R.
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(2008): Holocene environment dynamics of the Western Eifel region, Germany, quantified by pollen and stable isotopes. 12th International Palynological Congress and 8th International Organisation of Palaeobotany Conference, Bonn, Germany. Abstract Volume (Poster)
Kühl, N., Moschen, R., Wagner, S., Lücke, A. & Litt, T.
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(2008): Regional climate change reconstructed from a 4000 yr pollen and stable carbon isotope record from the Sphagnum peat bog Dürres Maar, Germany. 12th International Palynological Congress and 8th International Organisation of Palaeobotany Conference, Bonn, Germany. Abstract Volume (Poster)
Moschen, R., Kühl, N., Wagner, S., Brewer, S., Peyron, O. & Lücke, A.
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(2009): Investigating the applicability of stable carbon isotopes of Cellulose from sub-fossil Sphagnum for Paleoclimate reconstructions: Results from the peat deposit „Dürres Maar“, Germany. 11th International Paleolimnology Symposium, Guadalajara, Mexico. Abstract Volume (Vortrag)
Moschen, R., Rehberger, I., Peters, S., Wissel, H. & Lücke, A.
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(2009): Stable carbon and oxygen isotopes in sub-fossil Sphagnum: Assessment of their applicability for palaeoclimatology. Chemical Geology 259: 262-272
Moschen, R., Kühl, N., Rehberger, I., Lücke, A.
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(2009): Tracking the 8.2 ka cold event in Lake Holzmaar, Western Europe, using oxygen isotopes from diatomaceous silica. 11th International Paleolimnology Symposium, Guadalajara, Mexico. Abstract Volume (Poster)
Moschen, R., Messyasz, B., Vos, H., Brauer, A. & Lücke, A.
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(2010): A multiproxy record of late Holocene natural and anthropogenic environmental change from the Sphagnum peat bog Dürres Maar, Germany: implications for quantitative climate reconstructions based on pollen. Journal of Quaternary Science 25: 675-688
Kühl, N., Moschen, R., Wagner, S., Brewer, S., Peyron, O.
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(2010): Natural climate variability during the last two millennia in the West Eifel, Germany: estimating climate dynamics using a high resolution stable isotope time series. International Conference „Continents under Climate Change”, Berlin, Germany. Abstract Volume (Poster)
Moschen, R., Kühl, N.
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(2010): Pollen-based reconstruction of Holocene climate variability in the Eifel region evaluated with stable isotopes. EGU General Assembly, Vienna, Austria. Abstract Volume (Vortrag)
Kühl, N., Moschen, R., Wagner, S.
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(2010): Testing the sensitivity of stable carbon isotopes of sub-fossil Sphagnum cellulose to past climate variability: a two millennia high resolution stable carbon isotope time series from the peat deposit “Dürres Maar”, Germany. EGU General Assembly, Vienna, Austria. Abstract Volume (Vortrag)
Moschen, R., Kühl, N., Peters, S., Vos, H., Lücke, A.