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Shaping demographies. Der Statistiker, Ökonom und Demograph Robert René Kuczynski in Deutschland, den USA und Großbritannien (1890er bis 1950er Jahre)

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 274717715
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Projekts war es, einen (kritischen) Beitrag zur Fachgeschichte der Demographie zu erstellen und Leben und (demographisches) Werk R.R. Kuczynskis in diese einzuordnen. Leitende Frage war die nach den historischen Gründen der bis heute konstatierten Unsicherheit des disziplinären Status dieser jungen Disziplin. Ausgangspunkt der Untersuchung sind die beruflichen Stationen und das Wirken des zeitgenössischen Akteurs R. R. Kuczynski (i.S. des follow the actor), die sich zunächst auf Deutschland und die USA für den Zeitraum der 1890er Jahre bis 1933, nach seiner erzwungenen Flucht auf England auf die Zeit von 1933 bis in die 1950er Jahre bezogen. Hier prägen nationale "Statistiklandschaften" und spezifische Bevölkerungsdiskurse die Formierungsprozesse der ,demographies' im gesamten Untersuchungszeitraum. Dabei war für die in der bisherigen Forschung als zentral erkannte Phase der Zwischenkriegszeit eine Vielzahl von konkurrierenden ,demographies' charakteristisch und keineswegs mit einer eindeutig zu identifizierbaren Etablierung der Demographie als eigenständige Disziplin (USA und GB) in den 1930er Jahren verbunden. Über den Akteur Kuczynski, der sich ab Ende der 1920er Jahre in der Debatte um den europäischen Geburtenrückgang einen Namen als Demograph machte, zeigt sich die Vielzahl der Ansätze in der Bevölkerungsforschung. Sichtbar werden die unterschiedlichen Ausdeutungen des Begriffs ,Demographie' und damit verbundene Konkurrenzen und Verdrängungsprozesse, die bis heute nachwirken. Gleichzeitig kann die Arbeit eine stark vom US-amerikanisch geprägten Verständnis der Demographie nach 1945 dominierte Geschichtsschreibung des Faches hinterfragen. Sie betont die Vielgestaltigkeit demographischer Forschung in der Zwischenkriegszeit Damit kann die Arbeit nicht nur vereinfachende retrospektive Vereinheitlichungen von disparaten Entwicklungen und Falschzuschreibungen korrigieren, sondern mit Kuczynskis vielfach kritischer Positionierung zu wichtigen Punkten des Demographie-Verständnisses nach 1945 auch ,verschwundene' Entwicklungspfade, Akteure und Institutionen sichtbar machen. Die Arbeit hat damit das Potential, im weiterhin andauernden Selbstfindungsprozess der Demographie, der in Deutschland aufgrund der Rolle der Bevölkerungswissenschaft in der Zeit des Nationalsozialismus von einer besonderen ,Bürde' geprägt ist, bisher unbeachtete Aspekte einzubringen und die Person Kuczynski wie sein Werk nicht nur stärker in den deutschen Diskurs zu bringen, sondern gegenüber allen behandelten nationalen Entwicklungen stärker zu konturieren. Die Darstellung von Teilergebnissen der Arbeit in Fachkreisen in England und Frankreich bietet hierfür eine Grundlage, eine später mögliche Veröffentlichung der Arbeit in englischer Sprache könnte die Rezeption weiter steigern.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Measuring World Population at LSE - Robert Rene Kuczynski, an Emigre Scholar. In: LSE History Blog. Telling the story of LSE, 2016
    Cladders, Lukas/Ferdinand, Ursula
  • Organizations and Networks of Population Thinking in the First Half of the Twentieth Century. In: Population Knowledge Network ed.: Twentieth Century Population Thinking. A Critical Reader of Primary Sources. New York 2016, S. 68-89
    Ferdinand, Ursula/Overath, Petra
    (Siehe online unter https://doi.org/10.4324/9781315707365-4)
 
 

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