Detailseite
Projekt Druckansicht

Globale Forschung und imperiale Macht: Das botanische Kommunikationsnetzwerk Nathaniel Wallichs zwischen Kopenhagen, Kalkutta und Kew in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2015 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 275318084
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Vorhaben untersuchte die Korrespondenz des dänischen Botanikers Nathaniel Wallich (1786-1854) in kommunikations- und wissenschaftsgeschichtlicher Perspektive. Der aus Kopenhagen stammende Wallich diente seit 1815 drei Jahrzehnte lang als Direktor des Botanischen Gartens von Kalkutta und etablierte nicht nur eines der damals weltweit bedeutendsten Herbarien, sondern begründete ebenso eine globale botanische Korrespondenz zwischen Südbzw. Südostasien und Europa. Konkret fragte das Vorhaben nach Praktiken des botanischen Sammelns sowie des Pflanzentransfers, nach der Relevanz botanischer Fachdiskurse für das koloniale Indien sowie nach Wechselwirkungen zwischen botanischer Forschung und imperialer Macht in Britisch-Indien. Hierzu wurden nicht nur die in Kalkutta verwahrte Wallich-Korrespondenz, sondern auch weitere Briefwechsel und anderes Quellenmaterial in Archiven und Bibliotheken vor allem in Kopenhagen, London, Kapstadt und München ausgewertet. Auf der Grundlage eines methodengeleiteten Quellenstudiums kommt das Projekt zu folgenden Ergebnissen: Das durchgeführte Mapping der Wallich-Korrespondenz zeigt sehr deutlich die Knotenfunktion, die der dänische Botaniker als Vermittler von Pflanzenwissen zwischen der Himalajaregion, dem nördlichen Bengalen, Assam und den Nilgiris auf der einen und Europa, insbesondere Großbritannien, Deutschland und Dänemark, auf der anderen Seite einnahm. Gerade für deutsche Botaniker stellten die durch Wallich vermittelten Informationen eine Quelle zur indischen Flora ersten Ranges dar. Tiefe Einblicke gelangen auch in die Praxis der botanischen Forschung und des globalen Pflanzenversandes. So konnte belegt werden, dass der „Wardian Case“ schon früher genutzt wurde als bislang angenommen. Als zentrale Inhalte botanischkolonialer Diskurse wurden die Debatte um die in Indien stetig knapper werdenden Nutzhölzer bestätigt und Diskurse um Farne und Tee neu in die Forschung eingeführt. Wissenschaftsgeschichtlich von Bedeutung ist die Erkenntnis der großen Relevanz eines ideellen Wettbewerbs zwischen der Linnéschen und der natürlichen Systematik, der auch in Indien energisch ausgefochten wurde, wobei Wallich stets Anhänger der Linnéschen Systematik blieb. Ergänzend konnte die Bedeutung botanischer Ausbildung am Medical College in Kalkutta herausgearbeitet werden. Aus dem Projekt gingen eine Monographie, mehrere Fachaufsätze sowie eine Datenbank sämtlicher ermittelter Briefe von und an Wallich hervor.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Die „Galathea“ in Kalkutta. Naturforschung und koloniale Macht, in: Oliver Auge, Martin Göllnitz (Hgg.), Mit Forscherdrang und Abenteuerlust. Expeditionen und Forschungsreisen Kieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Frankfurt/Main 2017, S. 23-36
    Martin Krieger
  • Nathaniel Wallich. Eine Karriere zwischen Kopenhagen und Kalkutta, Hamburg-Kiel 2017
    Martin Krieger
  • Die Vermessung des Kap-Meridians. Der Mikrokosmos einer wissenschaftlichen Expedition, in: Jahrbuch für Europäische Überseegeschichte 18/2018, S. 119-150
    Martin Krieger
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung