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Genrebild und Konfessionskonflikt: Nürnberg-Antwerpen 1500-1570. Von Dürer und den Behams bis zu Dirk Vellert und Jan van Amstel.

Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung von 2015 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 275603308
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt beabsichtigte die Untersuchung von Genremotiven ausgewählter Nürnberger und Antwerpener Künstler im Zeitraum zwischen 1500 bis 1570 hinsichtlich des materiellen, ikonografischen und religiös-konfessionellen Kulturtransfers. Die dahingehend begonnene Bestandsaufnahme der Genrebilder brachte in der Forschung bisher unberücksichtigte Kategorien zu Tage, mit deren Hilfe die Abbildungen aus einer innovativen Perspektive betrachtet und neu bewertet werden können. Die neuen Kategorien vertiefen den christlichen Deutungshorizont der frühen Genrebilder und präsentieren die Genrekunst als selbstreflexive Kunstform im kunsttheoretischen Kontext. Die sich abzeichnende Gattungsoffenheit des Genre, das sich zudem als europaweites Phänomen herausgestellt hat, forderte die Untersuchung bis dahin ungeahnter Forschungsfelder. Daraufhin beschäftigte sich das Dissertationsvorhaben mit der Entstehung der Genrekunst um 1450 bis 1500 und stellte die ersten bedeutenden Genrebilder als Frömmigkeitsbilder heraus. Diese trugen als Reflexions-, Erinnerungs- und Übungsbilder zur inneren Devotion des städtischen Rezipienten bei, der, zur Selbstreflexion angeregt, sein Bedürfnis nach individueller Gottesbeziehung vertiefen konnte. Als spezifisch religiöse Bilder und den in ihnen aufgezeigten christlichen Bildquellen und -strategien ermöglicht die Studie, Genrebilder des 16. Jahrhunderts hinsichtlich ihres religiös-konfessionellen Gehalts besser zu begreifen. Die Forschungsarbeit der Post-Doc-Stelle in Form einer Studie widmete sich dem bisher unzureichend analysierten theoretischen Bereich zeitgenössischer Kunstliteratur und setzte die Rezeptionsgeschichte der Genregrafik in den Fokus. Mangels eines einheitlichen Gattungsbegriffes für das Alltäglich-Profane regte die Genrekunst als eigenständiges Rezeptionsmuster spezifisch kritische Diskurse an. Die Studie trägt dazu bei, den Reichtum und die Vielfältigkeit der frühen Erscheinungen des Genres zu belegen sowie kunsttheoretisch zu begründen. Sie bietet künftigen Genreforschungen eine methodisch wie chronologisch klar umrissene Grundlage, die das Verständnis des frühen Genres in seiner thematischen Vielfalt fördert und unter systematischer Berufung auf die Wahrnehmung der Zeitgenossen in seiner historischen Dimension beleuchtet. Die modifizierten Forschungsfelder lieferten einen entscheidenden Ausgangspunkt für die im Projekt durchgeführten Fachveranstaltungen. Diese boten eine gewinnbringende Plattform, auf welche der Dresdner Nachwuchs zum einen seine Forschungsarbeiten zur Genrekunst vorstellen konnte und die zum anderen beispielhaft für die Festigung und den Ausbau des wissenschaftlichen Netzwerkes stehen. Auf beiden Fachveranstaltungen wurde in der Regel die Anwendung der christlichen Ikonografie in den alltagsentlehnten Motiven anhand von case studies nachgewiesen, das subversiv-konfessionelle Deutungspotenzial herausgearbeitet, sich dem Problem der Rezeption und Kunsttheorie gestellt und dahingehend die Genrekunst als gattungsoffene Kunstform präsentiert. Aus den Fachveranstaltungen ging der Sammelband „Alltag als Exemplum. Religiöse und profane Deutungsmuster der frühen Genrekunst“ hervor. Der Band liefert innovative Forschungsansätze der Projektmitarbeiter und des Dresdner Nachwuchses und damit einen entscheidenden Beitrag zur Neubewertung der Genrekunst als religiöse und selbstreflexive Kunstform. Darüber hinaus ist eine Genreausstellung in Kooperation mit dem Freiburger Museum um das Jahr 2023 geplant, welche die Projektergebnisse nachhaltig stärken und einem breiteren Publikum vermitteln soll.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Pieter Bruegel the Elder and Religion, Leiden/Boston 2018 (= Brill's studies in intellectual history, Bd. 280)
    Kaschek, Bertram/ Müller, Jürgen (Hg.)
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1163/9789004367579)
  • „'ende neder werpen die afgode dat is de dominacŷe der sondēin onse herten' – Schongauers Bauernfamilie auf dem Weg zum Markt als Frömmigkeitsübung, in: Münch, Birgit Ulrike et al. (Hg.): BilderGewalt, Petersberg 2018 (=Kunsthistorisches Forum Irsee, Bd. 5), S. 51–67
    Kaden, Sandra
  • Alltag als Exemplum. Profane und religiöse Deutungsmuster der frühen Genrekunst, Berlin 2020
    Kaden, Sandra/ Müller, Jürgen u. Rinaldi, Stefano (Hg.)
 
 

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