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Vom fakultativen zum obligaten Familienleben und zurück: ultimate und proximate Ursachen der Variation in der Abhängigkeit von der elterlichen Brutpflege
Antragstellerin
Professorin Dr. Sandra Steiger
Fachliche Zuordnung
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Evolution, Anthropologie
Evolution, Anthropologie
Förderung
Förderung seit 2015
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 277139873
Familienleben, bei dem mindestens ein Elternteil mit seinen Nachkommen assoziiert ist, ist ein taxonomisch weit verbreitetes Phänomen im Tierreich, das nicht nur bei Vögeln und Säugetieren zu finden ist, sondern auch bei einer Reihe von Invertebraten. Familiengruppen variieren stark in ihrer Beständigkeit, in ihrer Zusammensetzung und im Ausmaß der sozialen Interaktionen ihrer Mitglieder. Das Leben in der Familie ist gewöhnlich durch elterliche Brutpflege gekennzeichnet, die das Wachstum und Überleben der Nachkommen positiv beeinflusst. Wie stark die heranwachsenden Nachkommen von der Brutpflege der Eltern abhängig sind, variiert jedoch im großen Ausmaß zwischen verschiedenen Taxa. In manchen Familiensystemen ist Brutpflege obligat und die Jungtiere können ohne Hilfe von ihren Eltern nicht mehr überleben. Die Evolution einer so starken Abhängigkeit ist verblüffend, da sie mit hohen Kosten für Eltern und ihren Nachkommen einhergehen kann. Zwar wird vermutet, dass die Abhängigkeit von der elterlichen Brutpflege das Ergebnis eines koevolutionären Prozesses zwischen Merkmalen von Eltern und Kindern ist, jedoch sind die Mechanismen dieses Prozesses und die Faktoren, die zur Variation in der Abhängigkeit zwischen und innerhalb von Arten führen, nicht gut untersucht und verstanden. In der ersten Förderphase, in der wir Totengräber (Käfer der Gattung Nicrophorus) untersucht haben, konnten wir zeigen, dass sogar innerhalb einer Gattung die Abhängigkeit der heranwachsenden Nachkommen bemerkenswert variieren kann. Wir konnten keinen Zusammenhang zwischen dem Grad der Abhängigkeit und der Körpergröße, Entwicklungszeit, Gelege- oder Brutgröße einer Art finden. Jedoch konnten wir zeigen, dass diese Variable ein phylogenetisches Signal aufweist. Um unser Verständnis über die Evolution der Abhängigkeit (und Unabhängigkeit) von der elterlichen Brutpflege zu vertiefen, wollen wir nun (1) analysieren, wie pränatale elterliche und umweltbedingte Effekte den Grad der Abhängigkeit der Nachkommen beeinflussen, (2) die Variation zwischen Populationen einer Art nutzen, um die proximaten Mechanismen zu untersuchen, die die Unterschiede in der Abhängigkeit erzeugen und die Hypothese testen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Grad der Abhängigkeit und der Verlässlichkeit der elterlichen Brutpflege gibt und (3) mittels experimenteller Evolution ergründen, ob und wie Anpassungen der Kinder an die von den Eltern geschaffenen Umwelt zu einer stärkeren Abhängigkeit führen kann. Unser Projekt wird grundlegende Einsichten zur Komplexität des Familienlebens und seinen Einfluss auf die Entwicklung der Kinder liefern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen