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'Modernisierungserfahrung' und Psychiatrie in globaler Perspektive im 19. und 20. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 277238776
 
Das Projekt fragt nach den globalen Verhandlungen von Modernitätskonzepten in ethnologischem, psychologischem und psychiatrischem Wissen zwischen Europa und Regionen des globalen Südens im 19. und 20. Jahrhundert. Es soll die Geschichte von Diskursen und Praktiken untersucht werden, die sich auf die historische Vorstellung beziehen, dass sogenannte primitive Menschen in den Tropen und Subtropen durch Erfahrungen von Modernisierung besonders tiefgreifend traumatisiert und psychisch krank würdet würden und dass man - so die Zeitgenossen - hieraus auch Rückschlüsse auf europäische psychiatrische Zivilisationskrankheiten und deren Therapie ziehen könnte. Das Projekt ist in drei Unterprojekte aufgeteilt: 1. ist eine Monographie zur Verflechtungsgeschichte Afrikas und Europas in diesem Zusammenhang für den Zeitraum 1850-1980 geplant (1a). Ein erster Teil des Buches soll die Kontinuitäten bzw. Wandlungen der Diskurse europäischer Ethnologen, Missionare, Kolonialbeamter, Entwicklungsexperten, Ärzte und auch die der afrikanischen Beteiligten in den Blick nehmen. Ein zweiter Teil ist für die Analyse von psychiatrischen Diskursen und Praktiken in ihrer globalen Zirkulation vorgesehen: Es werden drei sogenannte Reformpsychiatrien analysiert, die seit dem Fin de Siécle in den deutschen und britischen Kolonien in Ost- bzw. Westafrika eröffnet wurden und in engem Austausch mit europäischen Partneranstalten standen. Ein dritter Teil soll die globale Wirkung dieses Austauschs untersuchen und in Anlehnung an Helen Tilley zeigen, dass Afrika auch in Hinsicht auf die zeitgenössische Erforschung von Modernisierungserfahrung und psychischer Krankheit ein living laboratory war. 2. soll ein Workshop abgehalten werden, welcher die Globalgeschichte von Modernisierungserfahrung und Psychiatrie im 19. und 20. Jahrhundert über Europa und Afrika hinaus in den Blick nimmt (1b). 3. ist hierzu ein Aufsatzband vorgesehen (1c). Insgesamt soll das Projekt einen Beitrag zur Global- und Verflechtungsgeschichte von psychiatrischen Diskursen und Praktiken in Verbindung mit zeitgenössischen Auseinandersetzungen über die Auswirkungen von Moderne leisten. Mehr als in bislang vorliegenden Forschungen sollen scheinbar humanitäre reform-psychiatrische Ansätze in den Tropen und Subtropen während des 19. und 20. Jahrhunderts untersucht werden. Dabei sollen die Wahrnehmungen und Erfahrungen möglichst aller Beteiligten sowie Prozesse der globalen Zirkulation von Wissen analysiert werden. So ist danach zu fragen, wie normative Setzungen globaler Moderne im Untersuchungszeitraum in Frage gestellt, lokal verhandelt und pluralisiert wurden, wobei Stereotypen, die Festlegung von Andersartigkeit, soziale In- und Exklusion, psychische und physische Gewalt eine wichtige Rolle spielten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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