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Gläubiger und Schuldner: christliche und jüdische Darlehensmärkte in deutschen Städten des Spätmittelalters

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 277647152
 
Der Kredit durchdrang "allseitig" auch das mittelalterliche »Wirtschaftsleben«. Bruno Kuske und viele nach ihm haben dies festgestellt, und selbst semiurban-ländliche und von daher weitgehend auf Oralität beruhende Kreditmärkte wie im Ingelheimer Raum des späten 15. Jahrhunderts besaßen lokal eine hohe wirtschaftliche Bedeutung. Schon allein aus dem verschriftlichten Konflikt vor Gericht ist dies zu erschließen. Neben der reichen Forschung zur Rentenleihe und zu den städtischen Rentenmärkten des Spätmittelalters hat das Zinsdarlehen, in der verschärften Wucherdebatte des 13. Jahrhunderts sanktioniert, zwar in der umfänglichen Literatur zum jüdischen Kreditwesen, zu den Lombarden und Kawertschen und zu den Geschäftspraktiken christlicher Kaufleute, speziell der sogenannten merchant-bankers, seine je spezifische Bedeutung gewonnen. Aber die wichtige Beobachtung der Substitution des jüdischen Kredits seit dem späten 14. Jahrhundert wurde hauptsächlich ex negativo untermauert. Nur sehr vereinzelt nämlich hat sich die Forschung den durch christliche Geldleiher und damit durch die direkten Konkurrenten ausgelegten Darlehen zugewendet. In der Wahrnehmung der Literatur steht daher der jüdische Kredit immer noch nahezu synonym für das gesamte mittelalterliche Kreditwesen. Die Fragestellung des Forschungsprojekts basiert daher auf der Annahme, dass Darlehensmärkte zumindest nach ca. 1320 immer von jüdischen und christlichen Financiers geprägt waren, ja dass es funktionelle Zusammenhänge zwischen dem christlichen und jüdischen Kredit gegeben haben muss, zumal die Instrumentarien des wucherischen Kredits vor den Juden offenbar von Christen ersonnen und erprobt worden waren. Exemplarisch werden die differenzierten Funktionen von christlichen und jüdischen Darlehensmärkten zwischen 1356 und 1485 durch Untersuchungssonden an einschlägigen Quellenbeständen der Städte Wien, Konstanz und Babenhausen (bei Darmstadt) untersucht. Die Städte unterschieden sich in ihrer urbanistischen Entwicklung deutlich. Sie dürften damit prognostisch unterschiedlich beschaffene Arten von Darlehensmärkten repräsentieren und bieten bei aller Vorsicht auch Möglichkeiten vergleichender Analyse. In der Verbindung von statistischer und personengeschichtlicher Methodik werden dabei neben den Kreditvolumina und den jeweils ausgehandelten Usancen der Darlehensverträge die Gläubiger und in exemplarischem Zugriff auch Schuldner, Männer wie Frauen, in den Blick genommen, um neben der Wirtschaftsgeschichte auch eine Personengeschichte des spätmittelalterlichen Darlehens zu schreiben.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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