Ablösecharakteristik am Diamantflügel bei variabler Vorderkantenrauhigkeit
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Aufgrund der Relevanz signaturarmer und agiler Flügelkonfigurationen für unbemannte Missionen sind Kenntnisse der dabei auftretenden Strömungsphänomene unabdingbar. Die genannten Konfigurationen zeichnen sich durch schwach bis mäßig gepfeilte Vorderkanten (45–55°) und negativ gepfeilte Hinterkanten (Diamant- oder Lambdaflügel) aus. Bei der Umströmung entsteht ein Wirbelsystem, das sich von stark gepfeilten Flügeln unterscheidet: bereits bei kleinen Anstellwinkeln ist der Primärwirbel bei mäßiger Pfeilung teilentwickelt und aufgeplatzt. Die Position der beginnenden Ablösung an der stumpfen Vorderkante wird insbesondere von Anstellwinkel Reynoldszahl und Vorderkantenrauigkeit bestimmt. Deren Einfluss auf das Strömungsfeld sowie auf globale aerodynamische Größen wurde im Projekt Ablösecharakteristik am Diamantflügel bei variabler Vorderkantenrauigkeit untersucht. Das Arbeitsprogramm wurde gemäß dem Projektplan mit den entsprechenden Windkanalversuchen und komplementären numerischen Simulationen durchgeführt. Zentrale Ergebnisse sind in den genannten Publikationen veröffentlicht und enthalten die Analyse des Strömungsfeldes sowie der aerodynamischen Eigenschaften bei der untersuchten generischen Flügelgeometrie (AVT-183). Die Windkanaluntersuchungen umfassen einen relativ großen Parameterraum hinsichtlich Anstellwinkel, Reynoldszahl und Vorderkantenrauigkeit. Die aerodynamischen Lasten wurden im Anstellwinkelbereich bis zum Post-Stall (-2° ≤ 𝛼 ≤ 32°) und bei variierender Vorderkantenrauigkeit (h/lµ ≤ 0.25%) ermittelt. Das Strömungsfeld bei beginnender Ablösung wurde für Zielanstellwinkel von 𝛼 = 10°, 12° und 16° sowohl experimentell als auch numerisch untersucht. Die Hauptziele des Projekts wurden erreicht. Wesentliche Punkte sind: • Ablöseausbildung: Die Vorderkantenablösung, welche zur Wirbelbildung führt, wurde anhand der CFD-Simulationen detailliert betrachtet. Sowohl im voll turbulenten als auch im transitionellen Fall entsteht der Wirbel durch die Umlenkung der Grenzschichtströmung zurück an die Vorderkante. Dies führt zur Grenzschichtaufdickung und letztendlich zur Wirbelentwicklung. • Einflussparameter auf die Ablösung bzw. Wirbelbildung: Die Ablöseposition ist jedoch stark vom Grenzschichtzustand abhängig. Im transitionellen Fall liegt der Wirbelursprung weiter stromauf als bei voll turbulenter Strömung. Bei freier Transition löst die Strömung über die komplette Vorderkante ab, bildet im Flügelinnenbereich eine Ablöseblase, aus der stromab der Primärwirbel entsteht. Größere Störhöhen wurden am Windkanalmodell durch Silikatkörnung aufgebracht. Bei Vorderkantenrauigkeiten von h/lµ > 0.025% führt die Rauigkeit zur frühzeitigen Ablösung und Wirbelbildung. Sensitivitätsanalysen ergeben, dass mit steigendem Anstellwinkel der Primärwirbel stromauf wandert und im Querschnitt zunimmt. Der Wirbelzusammenbruch im Post-stall wird mit steigender Vorderkantenrauigkeit beschleunigt. Die Reynoldszahlvariation im Bereich von Re = 2.1 – 2.7 ∙ 106 zeigt einen geringen Einfluss auf das Strömungsfeld und die aerodynamischen Eigenschaften. • Charakterisierung des Aufplatzens mäßig starker Wirbel: Das Aufplatzen äußert sich beim Flügel mäßiger Pfeilung als stetige Querschnittsaufweitung. Bereits bei kleinen Anstellwinkeln ändert sich die Wirbelkernströmung über eine relativ kurze Distanz von axial beschleunigter zu einer axial verzögerter Strömung, ohne dass dies mit einer abrupten Querschnittsaufweitung einhergeht, wie es bei starken Vorderkantenwirbeln der Fall ist. • Analyse instationärer Effekte: Die strömungsspezifischen Instabilitäten resultieren aus Störungen der abgelösten Scherschicht, die stromab anwachsen. Im Aufplatzbereich liegen diskrete Wirbelstrukturen vor, die Fluktuationen über ein breites Frequenzspektrum aufweisen. Im Gegensatz dazu weist das Aufplatzen bei starken Wirbeln eine ausgeprägte spiralförmige Instabilität der Wirbelkernströmung auf. Die Ergebnisse aus diesem Forschungsprojekt erweitern die aerodynamische Datenbasis für Diamantflügelkonfiguration und stellen eine Referenz zur Beurteilung numerischer Simulationen bei geometrisch nicht fixierter Primärablösung und variierender Vorderkantenrauigkeit bei moderater Vorderkantenpfeilung dar. Die umfangreiche Analyse des Rauigkeitseinflusses soll ferner auch den Einfluss einer abweichenden Vorderkantengeometrie (Kontamination) auf die Ablöseausbildung und Flügelaerodynamik quantifizieren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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AVT-183 diamond wing flow field characteristics Part 1: Varying leading-edge roughness and the effects on flow separation onset. Aerosp. Sci. Technol. Vol. 57, 2015, pp 18–30
Hövelmann, A., Knoth, F., and Breitsamter, C.
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AVT-183 diamond wing flow field characteristics Part 2: Experimental analysis of leading-edge vortex formation and progression. Aerosp. Sci. Technol. Vol. 57, 2015, pp 31–42
Hövelmann, A., Grawunder, M., Buzica, A., and Breitsamter, C.
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The AVT-183 Diamond Wing Configuration for High-Fidelity CFD Validation. AVT-246 Specialists Meeting on “Progress and Challenges in Validation Testing for Computational Fluid Dynamics”, STO-MP-AVT-246, Paper 15, 2016, pp 1–36
Breitsamter, C., Hövelmann, A., Pfnür, S., Knoth, F., Buzica, A., and Grawunder, M.
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Leading-Edge Roughness Affecting Diamond-Wing Aerodynamic Characteristics, Aerospace, Vol. 5, No. 3, 2018, pp 1–23
Buzica, A., Debschütz, L., Knoth, F., and Breitsamter, C.