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Leadership and School Improvement in Context. A Systematic Comparative Analysis of North Rhine-Westfalia and California

Subject Area Education Systems and Educational Institutions
Term from 2015 to 2019
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 279117534
 
Final Report Year 2020

Final Report Abstract

Befunde aus der internationalen Bildungsforschung deuten auf eine zentrale Bedeutung von Führung für erfolgreiche Schulentwicklung hin. Bereits seit den 1970er Jahren fokussiert die Forschung dabei insbesondere auf Führung an Schulen in sozialräumlich deprivierter Lage. Im deutschen Sprachraum sollen Schulleiter*innen allerdings erst seit den 1990er Jahren manageriale Tätigkeiten (Entwicklungsziele formulieren, diese in die Tat umsetzen, Wirkungen evaluieren und die Menschen in der Schule befähigen, auf die Entwicklungsziele hinzuarbeiten) in ihrer Schule übernehmen. Forschungsbefunde deuten immer wieder darauf hin, dass Schulleiter*innen in Deutschland im Schnitt nur wenig Schulentwicklung betreiben und sich häufig auch nicht als Manager*innen ihrer Schule verstehen. Aktuelle Übersichtsstudien verweisen zudem darauf, dass die internationale Befundlage in hohem Maße durch Forschung aus den USA geprägt ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern die heute als „effektiv“ diskutierten Modelle einem Bias unterliegen, der dafür sorgt, dass v. a. solche Führungspraktiken betont werden, die in den USA wirksam werden können, aber von Schulleiter*innen in Deutschland nur schwer zu erfüllen sind. Das Ziel des hier beschriebenen Forschungsprojektes bestand in einer vergleichenden Analyse der Führungspraxis von Schulleiter*innen an Schulen in sozialräumlich deprivierter Lage in Nordrhein-Westfalen (NRW) und Kalifornien. Das Projekt sollte empirische Befunde zu Unterschieden in der Führungspraxis und Rolle der Schulleiter*innen in Deutschland und den USA allgemein sowie spezifische Befunde zur Führungspraxis an erfolgreichen Schulen in sozialräumlich deprivierter generieren und diese ins Verhältnis zu den institutionellen Rahmenbedingungen der beiden Länder setzen. Hierzu wurden relevante Aspekte des Führungshandelns in 6 kalifornischen Schulen und insgesamt 16 Gesamt- und Sekundarschulen in NRW mittels eines standardisierten Lehrkräfte-Fragebogens erhoben. Anschließend wurden in beiden Ländern in einem Teil der Schulen mit qualitativen Methoden vertiefende Analysen durchgeführt. Dabei wurde das Handeln der Schulleiter*innen über mehrere Tage beobachtet; zudem wurden Interviews mit Schulleitungen und Lehrkräften sowie in Kalifornien mit Vertreter*innen der zuständigen lokalen Schulbezirke geführt. Die systematische Aufarbeitung der institutionellen Rahmenbedingungen des Schulleitungshandelns verweist darauf, dass die Systeme in Deutschland und den USA in fast allen relevanten Dimensionen nicht nur unterschiedlich, sondern mitunter gegensätzlich sind. Im Kern zeigen die Analysen, dass Schulleiter*innen in Kalifornien in einem durchgängig managerial orientierten System handeln und im lokalen Schulbezirk auf ein breites Unterstützungssystem zurückgreifen können. Die Schulleiter*innen in NRW handeln dagegen in einem System, das zwischen bürokratischer und managerialer Steuerung schwankt; die Schulleiter*innen betreiben Schulentwicklung eher isoliert. Die Ergebnisse des Vergleichs der empirischen Daten aus Kalifornien und NRW deuten darauf hin, dass sich das Führungshandeln der beforschten Schulleiter*innen systematisch zwischen den zwei Ländern unterscheidet. Die quantitativen Daten deuten an, dass Schulleiter*innen aus NRW in deutlich geringerem Ausmaß solche Führungspraxen nutzten, die eher manageriale Tätigkeiten im oben genannten Sinne (Vermittlung von Zielen, Fortbildung, Evaluation) umfassten, als partizipations- und kooperationsorientierte Führungspraxen; in den kalifornischen Schulen war es hingegen genau umgekehrt. Innerhalb des NRW-Samples zeigte sich zudem, dass Schulleiter*innen an Schulen, die bereits vor den 2000er Jahren gegründet worden waren, systematisch seltener manageriale Tätigkeiten ausübten als Schulleiter*innen an Schulen, die nach 2010 gegründet worden waren. Auch die qualitativen Daten verweisen darauf, dass das Führungshandeln in den kalifornischen Schulen deutlich planvoller auf Schulentwicklung ausgerichtet war, als in den NRW-Schulen. Drittens zeigen sich in den Befunden aus beiden Ländern deutliche Hinweise darauf, dass die Führungspraxis in erfolgreichen Schulen an sozialräumlich deprivierten Standorten im hohen Maße durch die Aufarbeitung defizitorientierter Überzeugungen von Lehrkräften und durch eine Betonung relationaler Aspekte von Führung geprägt ist. Die Befunde verdeutlichen insgesamt die Notwendigkeit, bei der Beforschung von Schulleitungshandeln im deutschen Sprachraum nicht nur Wirkungen von Führungshandeln in den Blick zu nehmen, sondern auch die Bedingungen, innerhalb derer dieses Führungshandeln möglich ist (oder nicht) systematisch zu beleuchten. Zudem zeigen sie auf, dass kulturelle und relationale Merkmale von Schulen bedeutsam für die Schulentwicklung sind; diese werden allerdings bislang kaum in der Schulentwicklungsforschung berücksichtigt.

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