The significance of exchanges as a socio-economic phenomenon in rural societies in the Frankish period
Final Report Abstract
In dem von der DFG gefördertem Projekt wurden urkundliche Quellen des 8. und 9. Jahrhunderts untersucht, um zunächst die exakte Anzahl an Tauschgeschäften in Relation zu anderen Transaktionsformen zu ermitteln. Das Quellenkorpus für die Untersuchung umfasste sämtliche Privaturkunden der frühmittelalterlichen Regionen Alemannien, Baiern und Lotharingien bis zum Jahr 900, die vor allem Güter von Hochkirchen und Klöstern betrafen. Unter Berücksichtigung der Herrscherurkunden und zeitgenössischer Rechtsquellen wurde eine präzise Ausdifferenzierung frühmittelalterlicher Grundbesitzgeschäfte vorgenommen, um ein Bild von der Bedeutung von Tausch im Kontext ländlicher Gesellschaften des Frühmittelalters, der beteiligten Akteure und der getauschten Güter zu erhalten. Die Untersuchung der urkundlichen Quellen hat gezeigt, dass auf vier Kategorien von Grundbesitzgeschäften zurückgegriffen wurde, die sowohl terminologisch eindeutig identifiziert werden können als auch jeweils identische Rechtsinhalte aufweisen: Schenkungen (in den Quellen als traditio oder donatio bezeichnet), Leihen (beneficium oder precaria), Kauf bzw. Verkauf (emptio bzw. vinditio) und Tauschgeschäfte (commutatio oder concambium). Der im Kontext von Landleihen verwendete Begriff der „tauschähnlichen“ Verfahrensweise bzw. Transaktion für einen zeitlich befristeten Tausch an Grundbesitzrechten hat sich als sinnvoll für eine differenziertere Terminologie erwiesen, welche im wissenschaftlichen Sprachgebrauch bisher nicht existierte. In Bezug auf Tausch konnte für die privaturkundliche Überlieferung der grundsätzlich zwar bekannte, bisher aber nicht erklärbare Anstieg seit etwa der Mitte des 9. Jahrhunderts bestätigt werden, was unter der Berücksichtigung von Rechtsquellen und Herrscherurkunden hier erstmals auf Maßnahmen karolingischer Herrscher zurückgeführt werden konnte. Als bedeutsamer Unterschied konnte in diesem Zusammenhang die differenzierte Anwendung rechtlicher Grundlagen durch zeitgleiche westfränkische und ostfränkische Herrscher herausgearbeitet werden. Als Motive für den Anstieg an Tauschgeschäften sind einerseits ökonomische Interessen bezüglich natürlicher Ressourcen wahrscheinlich. Darüber hinaus konnte anhand umfassender prosopographischer und besitzgeschichtlicher Untersuchungen das Bestreben nach Arrondierung von Grundbesitz sowohl von kirchlicher Seite als auch ihrer weltlichen Tauschpartner aus verschiedenen sozialen Schichten gezeigt werden.