Verfahren- und Werkzeugentwicklung zum Entgraten von Kreuzbohrungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Ziel dieses Forschungsvorhabens bestand in der Entwicklung eines Verfahrens und Werkzeugs zum Entgraten von Kreuzbohrungen unter Zuhilfenahme der Entwicklungsmethodik TRIZ. Es konnten drei interessante Konzeptvarianten generiert werden, welche neuartige Lösungen für Entgrataufgaben bei Kreuzbohrungen auf Werkzeugmaschinen liefern und über den Stand der Technik hinausgehen. Mithilfe der TRIZ konnten bestehende Widersprüche durch beschriebene Separationsprinzipien gelöst werden. Darüber hinaus half die TRIZ die Prinziplösung, bzw. Konzeptvariante zu identifizieren, welche dem Ideal (Quotient aus Nutzen zu Aufwand) am nächsten kommt. Es zeigte sich, dass speziell angepasste Entgratfräser das größte Potential besitzen. Die Idealität wurde definiert als „One-Tool-Fits-All-Einsatzflexibilität“. Das heißt, es wurde das Werkzeugkonzept gewählt, mit welchem eine große Variantenvielfalt an Kreuzbohrungsverschneidungen mit nur einer geringen Anzahl an Werkzeugen entgratet werden kann. Die, in ihrer Rotationsachse ideal-kugelförmigen, Entgratfräser ermöglichen durch den Schneidenbereich auf der oberen Hemisphäre (positive Elevationswinkel 𝜑𝑖 bis 𝜑𝑚𝑎𝑥 ) und durch den Schneidenbereich auf der unteren Hemisphäre (negative Elevationswinkel) die Entgratung durch die Quer- oder durch die Hauptbohrung. Das Gleichsetzen des Elevationsvektors mit dem Vektor der Winkelhalbierenden aus den Kantenvektoren der Quer- und der Hauptbohrung ermöglicht einen idealen Eingriff des Werkzeugs während der Führung entlang der Verschneidung und ermöglicht die gezielte Variation der gewünschten Fasenbreite. Dadurch, dass der Arbeitspunkt in Abhängigkeit des Elevationswinkels auf der Schneide variiert, kommt es nicht zu einem punktuellen Verschleiß der Schneide. Der wissensbasierte Ansatz einer mathematischen Repräsentation der Verschneidungskurve ermöglicht die Charakterisierung von Verschneidungskurven durch die veränderlichen Kennwerte Ort der Verschneidungspunkte, Steigungswinkel, Kantenwinkel und Krümmung innerhalb der Verschneidung. Diese dienen der Bewegungssynchronisation als Eingangsgrößen, welche eine Zuordnung aus Verschneidungssegment mit dem Schneidenbereich am Werkzeug durchführt. Die Verschneidung bestimmt den maximal nutzbaren Kugelkopfdurchmesser und dieser bestimmt wiederum den maximal nutzbaren Schaftdurchmesser. Diese Zusammenhänge verhindern zum einen, den exzessiven Schneideneingriff, welcher in einer ungewollten Variation der Fasenbreite resultiert und zum anderen, die Kollision des Schafts mit der Bohrungswand. Die beschriebenen Zusammenhänge sind allgemein anwendbar, sodass über das geforderte Maß hinaus auch eine numerische Überführung für komplexe Bohrungsaustritte durchgeführt werden konnte. Das Werkzeug und das Verfahren zur Bahnberechnung bilden eine Einheit. Die experimentellen Ergebnisse zeigen einen robusten Prozess hinsichtlich der Sekundärgrathöhen auf. Anspruchsvolle Parameter (hohe Drehzahlen und Vorschübe) sollen jedoch vermieden werden, da die Ist-Fasenbreite zu stark von der Soll-Fasenbreite abweicht. Der Grund hierfür liegt bezüglich der Drehzahl vermutlich in der Auslenkung des Werkzeugs. Die Abweichung durch den Vorschub liegt vermutlich an einer ungenauen Bahnführung durch die Maschine. Das erzeugte Gratvorhersagemodell ermöglicht zum einen ein tieferes Verständnis über Einflussparameter, welche zu hohen oder niedrigen Graten führen und zum anderen ermöglicht es, Einfahrorte zum Entgraten zu definieren. Diese sollten im Bereich des höchsten Kantenwinkels erfolgen, da diese Bereiche die niedrigsten Grate aufweisen. Die Suche nach gratminimalen Prozessparametern für den vorgelagerten Bohrprozess offenbart Potential für zukünftige Arbeiten. Bisher existieren keine Modelle, welche Erklärungen für die gegenteiligen Auswirkungen bei Variation der Prozessparameter liefern. Auch eine schlüssige These, warum Schälfasenbohrer gratminimal Bohren fehlt bislang. Möglicherweise lassen sich Lösungsprinzipien für die gratminimale Herstellung von Kreuzbohrungen nutzen. Weitere zukünftige Arbeiten können die Implementierung von dynamischen Prozessen für das Entgraten mit angepassten Kreuzbohrungen darstellen. Auf diese Weise ließen sich Entgratvorgänge für L/D > 16 realisieren. Eine konkrete Projektidee, welche auf Ergebnissen dieses Vorhabens beruht wurde als Transferprojekt eingereicht. Darin wird mit dem TRIZ-Tool Feature Transfer ein Kombinationswerkzeug zum Bohren und Entgraten entwickelt. Hierbei wird der Bohrerschaft radial zurückgeschliffen und somit Entgratschneiden angebracht. Eine TCP-Bahngenerierung ermöglicht direkt im Anschluss zum Bohrprozesses den Entgratprozess ohne Werkzeugwechsel.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Ein Werkzeugbenchmark zum gratminimalen Bohren. In: MaschinenMarkt: MM, Vogel Verlag, Würzburg, Ausgabe 24 S. 28-32. ISSN 0341-5775, 2017
Meinhard, A.; Güth, S.
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Entwicklungen im Bereich des gratminimalen Bohrens mit Vollhartmetallbohrern - ein Werkzeugbenchmark. 5. Fachtagung Entgrattechnologien und Präzisionsoberflächen, Nürtingen, 21.02.2017
Meinhard, A.
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Deburring of Cross-Drilled Holes with Ball-End Cutters - Modeling the Tool Path. In: Production Engineering : WGP, Springer Verlag, Heidelberg, 12 S. 25-33. ISSN 0944-6524 , 2018
Abele, E.; Schützer, K.; Güth, S.; Meinhard, A.
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Null-Grat-Geometrie als Ziel. In: WB Werkstatt + Betrieb, Carl Hanser Verlag, München, Ausgabe 12 S. 42-45, 2018
Abele, E., Meinhard, A., Volz, M.
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Deburring of complex-shaped drilling intersections: a numerical method for modelling the tool path. In: Int J Adv Manuf Technol, Springer-Verlag London, Vol.102, S.67-79, ISSN 0268-3768, 2019
Abele E.; Schützer, K.; Meinhard, A.; Donnelly, J.