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Zwischen zwei Welten: Das "Licht der Völker" des letzten jüdischen scholastischen Philosophen 'Ovadyah Sforno (1475 ca.-1550) in seiner hebräischen und lateinischen Version

Fachliche Zuordnung Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung Förderung von 2015 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 279800392
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt erforschte das philosophische Werk des italienisch-jüdischen Exegeten und Philosophen Obadja Sforno (ca. 1475–1550). Der Traktat „Licht der Völker“ (hebr. Or ʿAmmim (Bologna, 1537/38; lateinische Ausgabe Lumen Gentium (Bologna, 1548)) wurde im Rahmen des Projektes neu ediert und zusammen mit zwei englischen Übersetzungen vorgelegt. Die Analyse des Werkes enthüllt die komplexe Genese des Textes: Das bisher in der Sekundärliteratur verbreitete lineare Modell eines hebräischen Originals und seiner lateinischen Übersetzung, die lediglich als ein „Abzweig“ von Sfornos auf ein jüdisches Publikum fixierten Aktivitäten zu verstehen sei, stellt sich dabei als überholt dar. Sforno’s Werk muss als Ergebnis reziproker Beeinflussung von christlich-lateinischer und jüdischhebräischer philosophischer Tradition begriffen werden. In seinem komplementären Charakter als scholastische Summa und philosophische Bibelexegese wandte sich der Autor gleichermaßen an eine jüdische, wie eine christliche Leserschaft. Sfornos Kontakte zu christlichen Theologen, Humanisten und Reformern waren dabei womöglich für die Entstehung des Werkes von ausschlaggebender Bedeutung. Das Projekt veröffentlichte dazu einen Sammelband mit zwölf Beiträgen von zwei Konferenzen (2017, 2018), die Sfornos literarisches Schaffen in der Begegnung von Philosophie und Exegese erstmals in seiner Breite und Eigenständigkeit betrachten. Sforno zeigt als eigenwilliger Interpret von Averroes, der sowohl aus dessen eigenständigen Werken als auch seinen Aristoteles-Kommentaren schöpft. Er strebte dabei keine grundsätzliche Widerlegung aristotelischer Philosophie, sondern vielmehr eine religionsphilosophische Synthese in der Nachfolge Moses Maimonides‘ an. Durch Recherchen zum Autor einer Handschrift eines hebräischen Kommentars zum Or ʿAmmim gelang im Projekt außerdem die Identifizierung von Sforno’s Schüler Elia di Nola (ca. 1510–1580), der nicht nur als Verfasser jenes Kommentars (unter seinem Alias „Elia di Butrio“), sondern auch als Anonymus eines in einer Handschrift erhaltenen umfangreichen Psalmen-Kommentars aufgedeckt werden konnte. Damit wurde das Werk von Sfornos wichtigstem Schüler erstmals greifbar. Im Rahmen der Dissertationsprojekte von Florian Dunklau (Kommentar) und R. Moshe Kravetz (Psalmen), die über die Projektlaufzeit hinaus beide Handschriften edieren, wurde so ein neuer wissenschaftlichen Zugang zu Sfornos Kreis von Schülern und Rezipienten erschlossen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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