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Untersuchung der Konvektiven Instabilität in flüssigen Schäumen

Antragsteller Dr.-Ing. Sascha Heitkam
Fachliche Zuordnung Strömungsmechanik
Statistische Physik, Nichtlineare Dynamik, Komplexe Systeme, Weiche und fluide Materie, Biologische Physik
Förderung Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 280187655
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Schäume spielen in vielen industriellen Prozessen eine wichtige Rolle. Bei der Produktion von aufgeschäumten Bauteilen oder Isolationsmaterial möchte man eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Flüssigen bzw. festen Komponente erzielen. Bei der Schaumflotation werden im Papierrecycling und in der Erzaufbereitung Partikel über eine Schaumzone voneinander getrennt. Durch Zugabe von Waschwasser können dabei unerwünschte Partikel aus dem Schaum ausgespült werden. In diesen Prozessen wird der Flüssigkeitsgehalt des Schaums durch Drainage beeinflusst. Dabei sickert enthaltene Flüssigkeit entlang eines Netzwerks von Kanälchen, den sogenannten „Plateau- Kanten“ nach unten. Gleichzeitig bewirken Kapillarkräfte eine Diffusion und damit eine Vergleichmäßigung des Flüssigkeitsgehalts. Vor über 20 Jahren wurde der Mechanismus der Konvektiven Instabilität (KI) in Schäumen entdeckt. Füllt man eine Säule mit Schaum und führt im oberen Bereich einen konstanten Flüssigkeitsstrom zu, so verteilt sich der Drainagestrom gleichmäßig über den Säulenquerschnitt. Überschreitet der Drainagestrom jedoch einen kritischen Wert, so sammelt sich der Drainagestrom spontan auf einer Seite. Dieser feuchte, schwere Schaum fließt nach unten und leichter Schaum wird nach oben gedrückt. Es bildet sich eine stabile Konvektionsrolle. Der Mechanismus dieser Instabilität wird immernoch intensiv diskutiert. Es existieren mehrere gegensätzliche Theorien. In diesem Projekt wurde die KI ausführlich untersucht und der zugrundeliegende Mechanismus nachgewiesen. Dazu wurden experimentelle und numerische Methoden verwendet. Beide liefern unabhängig voneinander eine übereinstimmende Erklärung. Experimentell wurde das Auftreten der KI in einer sehr langen Säule untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Konvektionsrolle zunächst nicht den gesamten Kanal ausfüllt sondern am Boden lokalisiert ist. Erst bei noch höheren Drainageströmen dehnt sich die Rolle weiter aus. Außerdem gibt es bereits unterhalb des kritischen Drainagestroms eine elastische Scherung des Schaums. Diese Beobachtungen erklären den Mechanismus der KI mithilfe der „Anisotropen Drainage“. Eine kleine Inhomogenität der Flüssigkeitsverteilung bewirkt ein Ungleichgewicht in der Gewichtsverteilung. Dadurch wird der Schaum geschert. Durch diese Scherung ist das Netzwerk aus „Plateau-Kanten“ nicht mehr isotrop sondern weist eine Vorzugsrichtung auf. Entsprechend wird der vertikale Drainagestrom horizontal abgelenkt. Ab einem kritischen Drainagestrom können die Kapillarkräfte diese Ablenkung nicht mehr kompensieren und die kleine Inhomogenität wächst exponentiell mit der vertikalen Position. Wenn der Kanal lang genug ist, überschreitet das Ungleichgewicht irgendwann die Fließgrenze des Schaums und es bildet sich ab dort eine Konvektionsrolle. Diese Rolle ist aber nur ein sekundärer Effekt. Die eigentliche Instabilität ist das Anwachsen der inhomogenen Flüssigkeitsverteilung. Dieser Mechanismus erklärt das gefundenen Verhalten quantitativ. In Simulationen wurde die Drainage in der Schaumsäule berechnet. Dabei wurde der Schaum als elastisches Material betrachtet, das sich entsprechend der Gewichtskräfte deformiert. Ohne Anisotrope Drainage tritt dabei keine Instabilität auf. Schaltet man die Anisotrope Drainage ein, so findet man die Instabilität. Die berechneten Stabilitätsgrenzen und Verläufe entsprechen den experimentellen Resultaten in sehr guter Näherung. Weiterhin wurde eine lineare Stabilitätsanalyse der Drainage in elastischem Schaum mittels Normalmodenansatz durchgeführt. Das resultierende Stabilitätskriterium stimmt ebenfalls in sehr guter Näherung mit den experimentellen und numerischen Befunden überein. Die gefundenen Zusammenhänge sind von großer Bedeutung für zukünftige Schaumexperimente. Bereits bei geringen Drainageströmen kann es zu einer Inhomogenität des Flüssigkeitsgehalts kommen. Diese würde beispielsweise rheologische Messungen stark verfälschen. Es reicht nicht, das Auftreten von Konvektionsrollen optisch zu überwachen, da diese erst bei langen Säulen oder noch höheren Drainageströmen auftreten. Statt dessen muss die Flüssigkeitsverteilung direkt, z.B. mittels Elektrischer Impedanztomographie überwacht werden. In industriellen Prozessen kann die Instabilität zu inhomogener Materialverteilung in aufgeschäumten Bauteilen führen. Auch reduziert sie die Effektivität von Waschwasserzugabe in der Schaumflotation.

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