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Norm-Linkage als Legitimitätspolitik: Die Interaktion von Schutz- und Strafverfolgungsnormen in Debatten über humanitäre Kriseninterventionen

Antragstellerin Dr. Caroline Fehl
Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 280446800
 
Was soll die internationale Gemeinschaft tun, wenn in einem Land schwere Gewaltverbrechen gegen Zivilisten verübt werden? Seit Ende des Kalten Krieges haben sich verschiedene internationaleNormen herausgebildet, die für solche Fälle eine Intervention der Staatengemeinschaft postulieren: eine „Schutznorm“, die ein notfalls auch militärisches Eingreifen fordert, wenn ein Staat seine Bürger nicht vor Gewalt schützt; und eine „Strafverfolgungsnorm“, die eineVerfolgung von Gewaltverbrechen durch internationale Tribunale verlangt, wenn diese im zuständigen Staat ungestraft bleiben. Obwohl beide Interventionsnormen unterschiedliche Ziele verfolgen – die Eindämmung von Gewaltverbrechen einerseits und ihre Bestrafungandererseits –, wurde seit ihrer Entstehung über Synergien und Konflikte zwischen ihnen diskutiert: Tragen Strafverfolgungen auch zum Schutz von Zivilisten bei oder wirken sie gewalteskalierend? Helfen humanitäre militärische Interventionen der globalen Strafjustiz oder gefährden sie deren Ziele? Die Debatte über diese Fragen wird nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch von politischen Akteuren geführt. Dieser politische Diskurs und die ihm zugrunde liegenden politischen Dynamiken stehen im Fokus des Projekts. Welche Deutungen des Verhältnisses von Schutz- und Strafverfolgungspflichten haben sich in internationalen Interventionsdebatten durchgesetzt – und warum? Diese Frage wirdanhand einer quantitativen Inhaltsanalyse – in Verbindung mit vergleichenden und prozessanalytischen Methoden – untersucht. Trifft die Vermutung einiger Beobachter zu, dass Schutz und Strafverfolgung strategisch verknüpft werden, um strittige Interventionsentscheidungen zu legitimieren? Verweisen z.B.Regierungen auf Gewaltprävention durch Strafverfolgung, um kostspielige Militäreinsätze zu vermeiden? Oder wird der Diskurs der Staatengemeinschaft über Schutz und Strafverfolgung – und damit letztlich auch ihre Interventionspraxis – von anderen Faktoren geprägt? Zur Beantwortung dieser Fragen wird ein theoretisches Modell des Norm-Linkage entwickelt, das auf andere Politikfelder übertragbar ist und damit einen breiteren Beitrag zur Forschung über internationale Normen leistet. Diesem Modell zufolge werden positiveoder negative Verknüpfungen zwischen Normen von politischen Akteuren diskursiv konstruiert. Diese Linkage-Diskurse können von unterschiedlichen Motiven und strukturellen Rahmenbedingungen geprägt sein. Im Projekt wurde zunächst untersucht, ob in Debatten über Darfur, Libyen und Syrien strategische Motive erkennbar sind und ob die Diskursentwicklung den Einfluss von Machtungleichheiten, institutionellen Autoritäten oder Präzedenzfällen widerspiegelt. Nachdem diese Hypothesen nur teilweise bestätigt werden konnten, werden im Fortsetzungsprojekt – auf Basis zusätzlicher Daten und einer Qualitative Comparative Analysis (QCA) – alternativeHypothesen getestet, die Norm-Linkage auf kulturelle Vorprägungen von Akteuren und kollektives Lernen zurückführen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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