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Interaktionen zwischen der Quecksilber-induzierten Bildung von Amyloid im Zellkern, der Genexpression und neuronalen Signalwegen.

Fachliche Zuordnung Public Health, Gesundheitsbezogene Versorgungsforschung, Sozial- und Arbeitsmedizin
Förderung Förderung von 2015 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 280527128
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Umweltschadstoff Quecksilber (Hg) wird global durch anthropogene Aktivitäten mobilisiert. Durch industrielle Prozesse gelangen jährlich zwischen 2000 und 3000 Tonnen Hg in die Atmosphäre und 600 Tonnen in die Oberflächengewässer. Obwohl Hg zu den bekanntesten Neurotoxinen zählt, ist dessen Wirkungsweise auf das Nervensystem noch weitgehend unverstanden. Insbesondere die Interaktionen von Hg mit dem alternden Nervensystem in Erwachsenen ist unterforscht. Deshalb wurden in dem geförderten Projekt die Effekte von Hg auf das Nervensystem des Tiermodells Caenorhabditis elegans untersucht. C. elegans verfügt über ein simples aber hoch informatives Nervensystem. Alle 302 Neurone des Fadenwurms sind kartiert und in Bezug auf ihre Neurotransmitter, neurale Verschaltung und neuromuskuläre Funktion charakterisiert. Die kurze Lebensspanne von nur 2 – 3 Wochen ermöglicht die chronische Exposition und Beobachtung der Neurotoxizität von Hg in erwachsenen (adulten) C. elegans. Es konnte gezeigt werden, dass einzelne Nervenzellen bereits bei umweltrelevanten Hg-Konzentrationen im Gegensatz zu unbehandelten Kontrollzellen ihre Gestalt verändern. In den sensorischen Amphidneuronen von Wildtyp C. elegans induzierte Hg zahlreiche Unterbrechungen der Nervenbahnen, d.h. der Dendriten. Dies wurde in Reporterwürmern für die dopaminergen Neurone PDE, ADE und CEP bestätigt. Hier aggregierte ein fluoreszentes Reporterprotein bei niedrigen Hg Konzentrationen aberrant in den Axonen des dopaminergen Neurons PDE. Die axonale Proteinaggregation stand am Beginn einer neurodegenerativen Kaskade und es zeigte sich dementsprechend, dass mit ansteigender Expositionsdauer eine Rückbildung der Nervenbahnen bis auf die Zellkörper der betroffenen Neurone erfolgte. Diese Hg-vermittelte Neurodegeneration war abhängig von der Konzentration, Behandlungsdauer und dem Alter der Würmer. Da ein defekter Dopamintransport Auswirkungen auf die neurale Funktion hat, wurden Bewegungsphänotypen untersucht, die durch Dopamin reguliert werden. In der Tat induzierte Hg Defekte bei einer Dopamin-gesteuerten Vorwärtsbewegung und verlängerte signifikant die Dauer des Gangartwechsels zwischen der Schwimm- und der Kriechbewegung. Der Zusammenhang zwischen Hg-Exposition, Proteinaggregation, Neurodegeneration und Störungen des dopaminergen Nervensystems wurde auch in einem C. elegans Modell für die Parkinson Erkrankung (PD) bestätigt. Hier induzierte Hg die aberrante Aggregation des PD-Markers Alpha- Synuclein. Auf Massenspektrometrie basierende Analysen zeigten, dass Hg-vermittelt in C. elegans Proteine aggregieren, die den funktionellen Gruppen (i) Proteinfaltung, Proteolyse, Stressantwort, (ii) metabolische Prozesse, (iii) Translation, rRNA Metabolismus und (iv) Chromatin Organisation zugeordnet werden können. Damit induziert Hg in C. elegans ein Aggregom, das zum einen dem Aggregom nach Exposition mit anderen Neurotoxinen und dem typischen Aggregom in alten Würmern ähnelt. Auch die proteomischen Analysen bestätigten, dass Hg wie andere neurotoxische Schadstoffe die Alterung beschleunigen und eine gesunde Lebensspanne des Fadenwurms verringern. Die im Projekt erfolgte Etablierung eines C. elegans Modells für die Untersuchung der neurotoxischen Effekte von Hg über die Lebensspanne ist die Grundlage für die Identifizierung der molekularen Wirkmechanismen neurodegenerativer Prozesse im alternden Organismus einerseits und bietet die Möglichkeit genetischer und Substanz-basierter Interventionen zur Prävention. Die Relevanz der Ergebnisse ergibt sich sowohl aus dem Umstand, dass wilde C. elegans in der Umwelt realistische Zielorganismen des Schadstoffs Quecksilber darstellen, als auch der bezüglich der Genetik und Zellbiologie bestehenden Ähnlichkeit zu höheren Organismen, einschließlich des Menschen. Folglich besteht ein gesellschaftspolitisches Interesse aufgrund beidem - der ökologischen Auswirkungen von Quecksilber und der Gesundheit des Nervensystems beim Altern. Die Projektleiterin ist dementsprechend beratend tätig, u.a. bei Fachgesprächen, Podiumsdiskussionen und als Sprecherin für Ökotoxikologie beim Naturschutzbund (NABU) NRW.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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