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Rhythmus und Projektion. Möglichkeitsdenken in der sowjetischen Avantgarde
Antragsteller
Professor Dr. Georg Witte
Fachliche Zuordnung
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung
Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 280555253
Das Projekt will zur Neubewertung der sowjetischen künstlerischen Avantgarden der 1910er bis 1930er Jahre beitragen. Statt eines vermeintlich utopiefixierten Denkens sollen Formen eines Denkens in Möglichkeiten als Grundgestus der Avantgarden in den Fokus rücken. Ausgangshypothese ist, dass sich in den beiden Leitkategorien Rhythmus und Projektion eine solche Emphase des Möglichen verdichtet. Rhythmus und Projektion sollen einerseits als Konzepte in der theoretischen Diskussion der Avantgarde rekonstruiert werden. Andererseits sollen sie als Techniken und Praktiken untersucht werden, die enge Verbindungen zwischen unterschiedlichen Künsten sowie zwischen Wissenschaften und Künsten stiften. Konzepte des Rhythmus als Erfahrungsformen von Veränderung, Erneuerung und Potentialität sollen einem reduzierten Verständnis rhythmischer Praktiken - als Instrumenten der Disziplinierung und Konditionierung (durch Trainings- und Automatisierungsmethoden in Gymnastik, Arbeitsorganisation, Tanz und Theater) - entgegengestellt werden. Der Begriff der Projektion soll als Gegenbegriff zu einem schematisch verstandenen Utopismus der Avantgarde akzentuiert werden. Er impliziert ein in Variablen und möglichen Alternativen operierendes Entwurfsdenken, ein tentatives und experimentelles Antizipieren. Er betrifft zugleich ein technisches Dispositiv der optischen Projektion, das im Leitmedium des Kinos manifest wird. Das Projekt hat ein gemeinsames Arbeitsprogramm, das unter theoretischer Perspektive nach den Bedingungszusammenhängen zwischen Rhythmus und Projektion in unterschiedlichen Diskursen und künstlerischen Praktiken fragt. Außerdem sollen drei Einzelstudien entstehen, die das Projektthema unter jeweils engerem Fokus adressieren. Die exemplarischen Gegenstände dieser drei Studien sind die folgenden: Studie 1 fragt danach, wie sich Rhythmus und Projektion als Konzepte und Praktiken der Ermöglichung in folgenden Bereichen manifestieren: der Kooperation der künstlerischen Avantgarden (Literatur, Theater, Film) mit der physiologischen Bewegungsforschung, dem schöpferischen, als projektive Übertragung gedachten Transfer von Bewegungsrhythmen zwischen verschiedenen Medien und Kunstformen, sowie den rhythmisch begründeten Dynamiken kultureller Evolution. Studie 2 konzentriert sich auf den Projektionismus in der russischen Theateravantgarde und dessen rhythmische Fundierung. Studie 3 fragt nach dem Verhältnis psychologischer und poetologischer Erforschung des Versrhythmus als einer ereignishaften Dynamik der Ermöglichung.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen