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Das genetische und molekulare Netzwerk der Calcium/Calmodulin-abhängigen Serin-Protein-Kinase CASK

Fachliche Zuordnung Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Humangenetik
Förderung Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 280629181
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Mutationen im X-chromosomalen CASK-Gen führen sowohl im männlichen als auch im weiblichen Geschlecht zu Intelligenzminderung und ggf. Mikrozephalie und pontozerebellärer Hypoplasie sowie weiteren klinischen Auffälligkeiten. In Synapsen des zentralen Nervensystems trägt CASK zur Bildung präsynaptischer Proteinkomplexe und zum Transport von NMDA-Rezeptoren zur Postsynapse bei. Zusätzlich aktiviert CASK in neuronalen Zellkernen gemeinsam mit dem Transkriptionsfaktor Tbr1 die Transkription bestimmter Zielgene. Wir etablierten eine Genotyp-Phänotyp-Korrelation bei männlichen Patienten mit CASK-Mutation und kategorisierten die klinischen Bilder der Betroffenen in drei Gruppen: (i) Mikrozephalie mit pontozerebellärer Hypoplasie (MICPCH) und schwerer epileptischer Enzephalopathie, (ii) MICPCH ohne schwere Epilepsie und (iii) nicht-syndromale bzw. syndromale milde bis schwere Intelligenzminderung mit oder ohne Nystagmus. Diese Befunde flossen auch in die Überarbeitung des GeneReview zu CASK-assoziierten Erkrankungen ein. In Zusammenarbeit mit Herrn Professor Kreienkamp und Team wurden systematische funktionelle Untersuchungen zu fünf neuen und fünf bereits publizierten CASK-Missense-Mutationen durchgeführt. Eine Mutation beeinträchtigte die Bindung von CASK an Sap97. Zwei Mutationen veränderten die CASK-Bindung an die Kernproteine CINAP und Tbr1. Fünf Mutationen interferierten mit der Bindung des jeweiligen CASK-Mutantenproteins an das präsynaptische Zelladhäsionsprotein Neurexin und auch mit der durch Neurexin induzierten CASK-Oligomerisierung. Diese Arbeit hat wesentlich zum Verständnis der Pathomechanismen von CASK-Missense-Mutationen beigetragen. Neben Mutationen in CASK führen Mutationen in anderen Genen, wie z. B. AMPD2 und SPTAN1, auch zu Intelligenzminderung und zerebellären Auffälligkeiten. Bei 20 bisher nicht beschriebenen Patienten mit de novo-Mutation in SPTAN1, das das alpha II-Spektrin kodiert, führte eine tiefe Phänotypisierung zu einer Kategorisierung in milde bis moderate Intelligenzminderung an einem und infantile epileptische Enzephalopathie am anderen Ende des Spektrums. An Patientenfibroblasten zeigten wir, dass nur Mutationen in SPTAN1, die sich in der alpha-beta-Heterodimerisierungsdomäne befinden, zur Bildung von unphysiologischen alpha II-/beta II-Spektrin-Aggregaten führen und diese mit einem schweren neurologischen Bild assoziiert sind. Bei acht Patienten identifizierten wir autosomal-rezessiv erbliche Mutationen in AMPD2. Durch die klinische Charakterisierung dieser acht und von 17 publizierten Patienten mit AMPD2-Mutationen gelang die Beschreibung eines konsistenten Krankheitsbildes, das durch postnatale Mikrozephalie, schwere Entwicklungsverzögerung und Intelligenzminderung, Spastizität und kortikale Blindheit gekennzeichnet ist. Die MRTs vom Schädel ergaben eine Hypomyelinierung, Hypoplasie von Zerebellum und Pons, Atrophie des zerebralen Kortex, vollständige oder partielle Agenesie des Corpus callosum und das für dieses Krankheitsbild charakteristische Erscheinungsbild des Mittelhirns in Form einer „8“ in axialen Schnitten. Durch eine systematische Evaluierung der neuen und bekannten Mutationen in AMPD2 und der damit assoziierten Phänotypen stellten wir die Hypothese auf, dass Mutationen, die alle sechs Transkriptvarianten des AMPD2-Gens betreffen, zu dem schweren Krankheitsbild mit MRT-Auffälligkeiten führen, während Mutationen, die nur einige der sechs AMPD2-Transkriptvarianten betreffen, mit dem milderen Phänotyp einer spastischen Paraplegie assoziiert sind. Bei einem Patienten mit schwerer globaler Entwicklungsverzögerung und pontozerebellärer Hypoplasie wurde eine homozygote Nonsense-Variante im USF3-Gen aufgedeckt, das kein bekanntes Krankheitsgen ist. Über die Funktion des nukleär lokalisierten USF3-Proteins ist kaum etwas bekannt. Unsere ersten funktionellen Untersuchungen ergaben eine Ko-Präzipitation des heterogenen nuklearen Ribonukleoproteins hnRNPL mit ektopisch exprimiertem USF3. Im Rahmen dieses Projektes gelang es, ein tieferes Verständnis zur Korrelation von CASK-Mutationen mit verschiedenen Phänotypen zu generieren, die unterschiedlichen Auswirkungen verschiedener CASK-Missense-Mutationen auf CASK-Interaktionspartner zu charakterisieren, ein Kandidatengen für eine weitere Form einer pontozerebellären Hypoplasie zu identifizieren und neue Einblicke in Genotypen und Phänotypen von anderen neurologischen Krankheitsbildern zu erhalten, die mit (ponto)zerebellären Auffälligkeiten einhergehen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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