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Anglizismen im Deutschen: Kontextbasierte Interpretation, dynamische Restrukturierung und Generalisierung
Antragstellerinnen / Antragsteller
Dr. Heike Baeskow; Professor Dr. Jürgen Rolshoven
Fachliche Zuordnung
Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung
Förderung von 2015 bis 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 281420799
Die Entlehnung von Anglizismen (Boom), die Bildung von Pseudo-Anglizismen (Handy) oder Hybridbildungen (Großevent) und die Verbreitung von Lehnbedeutungen (realisieren i.S.v. erkennen) geben der Sprachwissenschaft neue Möglichkeiten der Erforschung der Dynamik und der Restrukturierung des lexikalischen Systems in Kontaktsituationen. Im Projekt wird diese Thematik mit methodisch neuen datengetriebenen und korpusbasierten Verfahren bearbeitet. Sie bilden die Grundlage symbolorientierter, an die Notationsform des Generativen Lexikons angelehnter Beschreibungen struktureller Innovation. Da sich bisherige Arbeiten zur Anglizismenforschung weitgehend auf Printmedien und Fachsprachen beschränken, wird erstmals eine datengetriebene Aufdeckung und Systematisierung von Anglizismen auf der Grundlage sehr umfangreicher Korpora, die neben online zugänglichen Zeitungstexten auch Weblogs, Chat-Räume und Diskussionsforen als Ausdrucksformen der modernen interaktiven Kommunikation umfassen, durchgeführt. Anhand der Korpusanalysen werden denotative und konnotative Funktionen von Entlehnungen im sprachlichen System des Deutschen kontrastiv aufgedeckt und empirisch breit fundiert beschrieben. Ein maschineller Vergleich der korpuslinguistisch erzielten Ergebnisse mit den in Bartzsch et al. (2004) und im Anglizismen-Index isoliert dargebotenen deutschen Substitutionsvorschlägen lässt erwarten, dass letztere die häufig subtilen Bedeutungskomponenten, die Anglizismen in ihren unterschiedlichen Verwendungskontexten entfalten, nicht zu erfassen vermögen. Geplant ist ferner ein Vergleich von deutschen Blogs, Chatbeiträgen und Diskussionsforen mit journalistischen Texten in Bezug auf den innovativen Umgang mit englischem Lehngut, der sich insbesondere in der Beteiligung englischer Morpheme an deutschen Wortbildungsprozessen manifestiert. Von diesem Vergleich werden Erkenntnisse darüber erwartet, inwieweit Anglizismen Bestandteil der Kompetenz deutscher Sprecher sind und somit über das Potential verfügen, die Dynamik des sprachlichen Systems des Deutschen zu prägen. Der Einfluss des Englischen auf das deutsche Sprachsystem äußert sich auch in verbalen Lehnbedeutungen (z.B. jemanden für etwas aufbauen, einen Angriff fliegen), die dem inneren Lehngut zuzurechnen sind und im Projekt ebenfalls einer formalen Analyse unterzogen werden sollen. Unter Einbeziehung maschinell ermittelter sprachlicher Kontexte wird gezeigt, dass auch Bildungen dieser Art ein dynamisches und plastisches sprachliches System differenziert verändern. Das innovative Potential des Projekts liegt somit in den folgenden Faktoren: (a) es ist massiv datengetrieben, (b) es fokussiert Strukturen und die Dynamik von Entlehnungsprozessen, (c) es stellt neue Formen der Datenkompression bereit und erlaubt darauf aufbauend eine empirisch motivierte, formale Beschreibung der Bedeutungen von Anglizismen, (d) es strebt eine Generalisierung der Forschungsergebnisse unter Einbeziehung kollaborativer IT-Werkzeuge an.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen