Modellierung der Pathogenese der perizentralen Leberverfettung Einfluss des Sauerstoffs auf die Verfettung und die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies
Bioinformatik und Theoretische Biologie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Welche Rolle spielt die Sauerstoffzufuhr bei der Verfettung der Leber, auch als Steatose bezeichnet? Mit dieser Fragestellung beschäftigten wir uns im vorliegenden DFG Projekt. Zum einen widmeten wir uns den grundlegenden Mechanismen der Verfettung und der Ursachen ihrer Zonierung (d. h. der räumlichen heterogenen Fetteinlagerung in den Leberzellen entlang der Blutgefäße). Zum anderen gingen wir der Frage nach, wie die reduzierte Ischämietoleranz (d.h. Fähigkeit, mit dem Ausfall der Blutversorgung umzugehen) von verfetteten Lebern gegenüber nicht verfetteten Organen zu erklären ist. Eine unterbrochene Sauerstoffzufuhr (Hypoxie), wie sie beispielsweise bei Lebertransplantationen auftritt, führt zur Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS), welche die Leberzellen schädigen können. Die experimentellen Möglichkeiten zur Erfassung der oxidativen Prozesse in der Leber sind eingeschränkt und können durch die Nutzung von mathematischer Modellierung zur Bearbeitung der Fragestellung erweitert werden. Im Projekt wurden zwei spezifische Teilziele mittels mathematischer Modellierung verfolgt: (I) Verifizieren grundlegender Mechanismen bei der Pathogenese der zonierten Steatosebildung und (II) Evaluation der Bedeutung der veränderten Sauerstoffverhältnisse in der steatotischen Leber für die ROS Produktion unter normalen und Hypoxie-Bedingungen. Durch Anwendung eines mathematischen Modells konnten wir zeigen, dass der Sauerstoffgradient, aber nicht der Fettsäuregradient, zu einer perizentralen Verfettung unter hochfettreicher Ernährung maßgeblich beiträgt. Dabei spielen die oxidativen Prozesse im Fettstoffwechsel eine ausschlaggebende Rolle. Außerdem zeigte sich, dass der Aufnahmeprozess der Fettsäuren aus dem Blut in die Hepatozyten eine entscheidende Rolle für die Zonierung der Fetteinlagerung spielt. Somit konnten wir einen bisher kaum beachteten Mechanismus bei der zonierten Steatosebildung aufzeigen. Aufgrund unserer Modellergebnisse scheint es für ein tieferes Verständnis der Steatosebildung essential die Forschung verstärkt auf die Evaluierung der Aufnahmekapazitäten von Fettsäuren in Leberzellen auszurichten. Mittels immunohistochemischer Färbungen von Leberschnitten konnten wir zeigen, dass das am Fettsäuretransport beteiligte Molekül CD36 im menschlichen Lebergewebe nicht zoniert, sondern homogen verteilt ist. Diese Homogenität ist auch bei Vorliegen einer Fibrose oder Steatose zu beobachten. Weiterhin untersuchten wir die Ursache der reduzierten Ischämietoleranz in stark verfetteten Lebern. Durch Etablierung eines mathematischen Modells sollte die Zellschädigung nach Sauerstoffmangel und bei Reperfusion vorhergesagt werden. Mit diesem Modellansatz sagen wir ein mögliches zugrundeliegendes Interaktionsnetzwerk für hohen oxidativen Stress voraus. Es zeigt sich ein bistabiles Verhalten bedingt durch die Wechselwirkungen zwischen der Produktion von ROS und dem Ausmaß der Zellschädigung. Hier konnten wir die strukturellen Grundelemente zur Erzeugung der Bistabilität aufdecken.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2017). "Computational modeling in liver surgery." Frontiers in Physiology 8: 906
Christ, B., U. Dahmen, K.-H. Herrmann, M. König, J. R. Reichenbach, T. Ricken, J. Schleicher, L. O. Schwen, S. Vlaic and N. Waschinsky
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(2017). "Zonation of hepatic fat accumulation: insights from mathematical modelling of nutrient gradients and fatty acid uptake." Journal of the Royal Society Interface 14(133)
Schleicher, J., U. Dahmen, R. Guthke and S. Schuster
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(2018). "Computational modeling of oxidative stress in fatty livers elucidates the underlying mechanism of the increased susceptibility to ischemia/reperfusion injury." Computational and Structural Biotechnology Journal 16: 511-522
Schleicher, J. and U. Dahmen
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(2021). Introduction to In Silico Modeling to Study ROS Dynamics. In: Methods in Molecular Biology 2202: 1-32, Springer Nature
Schleicher, J.