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Interaktionale Soziolinguistik schulischer Sprechstunden
Antragstellerin
Professorin Dr. Helga Kotthoff
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung
Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 282312829
Bislang ist der tatsächliche Vollzug des Lehrperson-Eltern-Gesprächs in seiner Relevanz für schulische Perspektiven des Schülers kaum einschätzbar. Im Zentrum steht eine interaktional-soziolinguistische Untersuchung des Gesprächstyps schulischer Sprechstunden (30 Sprechstundeninteraktionen sind bereits aufgezeichnet), verbunden mit Ethnographien und nachträglichen Metagesprächen der an 20 weiteren, neu zu erhebenden Sprechstunden beteiligten Eltern und Lehrpersonen. Beide Seiten führen sich dabei im Bezug auf das Kind als kompetent vor und als moralisch im Sinne des Kindes agierend, wobei auf Elternseite Differenzen in dieser schulkompatiblen Selbstdarstellung deutlich werden. In den Gesprächen gehen Leistungsbeschreibungen in spezifische Formate ein (verschiedene Typen von Narrationen, Beratungssequenzen, argumentativen Sequenzen), an deren Ko-Konstruktion sich die Eltern in unterschiedlicher Weise beteiligen, nicht alle unter Darbietung eigener, als schulisch relevant ratifizierter Kompetenzen. Unterschiede in diskursiven Passungen von Eltern und Lehrpersonen treten hervor, deren Analyse das zentrale Thema des Projektes ausmacht. Mit dem deutschen Schulsystem wenig vertraute Eltern und solche, die ihre materiellen und bildungsmäßigen Ressourcen nicht in den Vordergrund der Interaktion bringen können kokonstruieren mit den Lehrpersonen mehr Asymmetrie auf eigene Kosten, indem sie beispielsweise kaum an Diagnosen und an Argumentationen teilnehmen, wie erste eigene Analysen zeigen. Die mehr oder weniger ausgeprägten kulturellen Passungen im interinstitutionellen Schul-Diskurs verweisen auf sprach- und milieubezogene Wissensbestände, Ressourcendifferenzen und unterschiedl Ausformungen von kulturellem Kapital (Bourdieu 1977, Lareau 2003), die sich in differenten Diskurspraktiken äußern, welche je nach konversationeller Aktivität spezifisch manifest werden (Heller 2012). Das Projekt verfügt z. Z. über 30 Gesprächsaufnahmen schulischer Sprechstunden aus allen Schultypen (Grund-, Haupt-, Förder-, Real- und Oberschulen). Für diese soll anhand der vorhandenen Daten untersucht werden, ob es einen systematischen Zusammenhang gibt zwischen niedriger Erwartung der Lehrperson an die schulische Laufbahn des Schülers und schwacher Schulkompatibilität des elterlichen Gesprächsverhaltens in dem Kontext (gesprächsanalytisches Vorgehen). Weitere zwanzig zu erhebende Gespräche sollen mittels einer triangulierten Erhebung (Primärgespräch, Metagespräch, fokussierte Ethnographie) noch stärker unter der Perspektive diskursiver Passungen untersucht werden. Ausgangspunkt der Studie ist somit erstens die Annahme, dass Elternverhalten in den Gesprächen graduell unterschiedlich schulkompatibel ist, zweitens dass dies für bestimmte konversationelle Formate kontextbezogen beschrieben werden kann und drittens, dass die ratifizierte, von Elternseite dargebotene Schulkompatibilität sich auf die lehrerseitige Einschätzung der Schülerin auswirkt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen