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Musikgeschichte auf der Bühne: Konstruktionen der musikalischen Vergangenheit im Musiktheater
Antragstellerin
Professorin Dr. Anna Langenbruch
Fachliche Zuordnung
Musikwissenschaften
Förderung
Förderung von 2016 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 282607863
Mozart und die Beatles, Marlene Dietrich, Stradivaris Geige, Riemanns Musiklexikon - musikhistorische Personen, Ereignisse, Kompositionen, Musikpraktiken oder gar musikwissenschaftliche Schriften sind seit Jahrhunderten Gegenstand von Musiktheater. Das vorliegende Projekt untersucht diese Bühnenereignisse, die die Elemente Musik, Theater und Geschichtserzählung durch einen expliziten Bezug auf musikhistorische Gegenstände verbinden, von ihren Anfängen um 1750 bis in die Gegenwart. Historiographisches Musiktheater in diesem Sinne wird auf grundlegende Dimensionen musikgeschichtlicher Wissensproduktion hin befragt. Ziel ist ein neues Verständnis von Musikgeschichtsschreibung, das Verflechtungen von Kunst, Wissenschaft und Alltag herausarbeitet und Wissen als soziokulturellen Aushandlungsprozess beschreibt, in dem Klang und Wahrnehmung, Spiel und Sprache, Theorie und Praxis interagieren. Ausgangshypothese ist, dass Musikgeschichte auf der Bühne als eine Form von Geschichtsvermittlung im Ereignis gestaltet und erlebt wird. Diese situative, intermediale Darstellung von Musikgeschichte unterscheidet sich fundamental von gängigen schriftsprachlichen, aber auch filmischen Ansätzen. Insbesondere lässt sich hieran die Bedeutung nicht-sprachlichen Wissens, v.a. Hörwissens, für musikhistorisches Wissen untersuchen. Gleichzeitig verweist diese bis heute lebendige Praxis auf den Stellenwert nicht-akademischer Musikgeschichtsvermittlung in Geschichte und Gegenwart und auf deren enge Verflechtungen mit wissenschaftlicher Musikhistoriographie. Diese leitenden Hypothesen sind das Ergebnis von empirischen Vorarbeiten zum Quellenkorpus des Projekts, zur Darstellung realer und fiktiver Musiker im Musiktheater sowie zur Geschichtsrepräsentation in Musik in Verbindung mit Ansätzen der historischen Musikwissenschaft, der Sound Studies und der Historiographiegeschichte. Sie sollen im vorliegenden Projekt historisch und systematisch überprüft und präzisiert werden. Auf musiktheatraler Ebene geht es dabei zunächst darum, zu untersuchen, wie Historiographisches Musiktheater erzählt - sei es kompositorisch, interpretatorisch, performativ, bildlich oder sprachlich - und wie es erlebt wird. Der Akzent liegt dabei dem Gegenstand Musikgeschichte entsprechend v.a. auf Klanggestalt und Hörerfahrung. Auf der Ebene der Geschichtsschreibung werden ausgehend von Historiographischem Musiktheater in vergleichender Perspektive Musikgeschichte in Wissenschaft und Alltag sowie Medien der Musikgeschichtsschreibung untersucht. Damit zielt das Projekt insgesamt auf eine Erweiterung des Wissensbegriffs, der Klang- und Alltagsebenen musikgeschichtlicher Wissensproduktion angemessen berücksichtigt. Zugleich soll es die Frage klären, inwieweit die gewonnenen Erkenntnisse zum Verhältnis zwischen Medium und Gegenstand von Musikgeschichtsschreibung auf andere Kunstwissenschaften übertragbar sind. So unternimmt das Projekt wesentliche Schritte zu einer neuen Wissensgeschichte der Künste.
DFG-Verfahren
Emmy Noether-Nachwuchsgruppen