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Transnational Production Spaces: Impacts of the clothing industry on urban spaces and urban planning at production locations in Western Turkey and Southern Bulgaria (Istanbul, Tekirdag, Kardzhali)

Subject Area City Planning, Spatial Planning, Transportation and Infrastructure Planning, Landscape Planning
Human Geography
Term from 2015 to 2019
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 282963623
 
Final Report Year 2022

Final Report Abstract

Sowohl die Abhängigkeit unseres Lebensstils von globalen Güterketten als auch ihre Fragilität treten aktuell immer deutlicher zu Tage. Forderungen nach der Offenlegung der Wege und der Herstellungsbedingungen von Waren werden lauter, da das Bewusstsein für die weitreichenden Auswirkungen des sogenannten "Lieferkettenkapitalismus" auf Menschen und Umwelt weltweit wächst – und damit auch mehr Verantwortlichkeit der Akteure in globalisierten Produktionssystemen einschließlich der Konsument*innen eingefordert wird. Dieses Forschungsprojekt untersuchte am Beispiel der Modeindustrie die Auswirkungen globalisierter Produktion auf konkrete Orte, die als Teile eines Produktionsnetzwerks zu verstehen sind. Es folgte den Wegen von Waren zu Fabriken und Werkstätten in sehr unterschiedlichen städtischen Situationen: Cluster von kleineren Produktionsfirmen im dichten innerstädtischen Gewerbe- und Handelsquartier Merter in Istanbul, weiträumige Industriekomplexe im Umland der Stadt Çorlu in der westlichen Peripherie der Metropole, mittelgroße Nähfabriken und partielle Umnutzungen postsozialistischer Industrieruinen in Kleinstädten der ländlichen Region Kardzhali in Südbulgarien, sowie in großem Maßstab neu erbaute integrierte Fabrikanlagen und Export Processing Zones in Äthiopien. Unsere Fallstudie zeigte die Beziehungen und gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen Produktionsstandorten innerhalb der gleichen, hochdynamischen globalen Netzwerke auf. Sie gab Aufschluss darüber, wie einzelne Schritte der Bekleidungsproduktion von einem Standort zum nächsten verlagert wurden und welche spezifischen Bedingungen dabei wirkmächtig wurden. Die kleinteilige Untersuchung von Firmenstandorten, baulichen Strukturen und städtischen Situationen zeigte, wie stark diese Möglichkeiten oder Zwänge zur Verlagerung schaffen und damit die Geographie von Produktionsnetzwerken deutlich beeinflussen. Planungsgovernance erwies sich ebenfalls als entscheidender Faktor – mit einem breiten Spektrum von Möglichkeiten der Einflussnahme, die so unterschiedliche Aktivitäten umfassen wie etwa die Ausweisung oder den Bau von Industriegebieten mit schlüsselfertigen Produktionshallen und infrastruktureller Anbindung über verschiedenartige räumlich gebundene Subventionen, Steuer- und Zollerleichterungen bis hin zu der Art und Weise, wie raum- und stadtplanerische Setzungen inklusive Umweltschutzauflagen in der Realität ausgestaltet und ihre Missachtungen sanktioniert oder toleriert werden. Die Integration in globalisierte Produktionssysteme befördert an den untersuchten Orten gleichzeitige und in Wechselwirkung zueinander stehende Prozesse der Industrialisierung, De-Industrialisierung und Re-Industrialisierung, von Abwertung und Aufwertung, Wachstum und Schrumpfung. Im Ergebnis sind alle Standorte einer permanenten Unsicherheit und dem Anpassungsdruck an die immer umfassender werdenden Ansprüche und immer niedriger angesetzten Preishorizonte der transnationalen "Lead Firms" ausgesetzt, was sich stets auch in räumlicher und baulicher Hinsicht auswirkt. Lineare Erfolgsgeschichten von wirtschaftlichem "Upgrading" innerhalb globaler Produktionsnetzwerke mit inklusiver städtischer Entwicklung sind eine rare Ausnahmeerscheinung in einem allgemeinen Bild von ruinösem Wettbewerb und Prekarität in höchst unterschiedlichen Erscheinungsformen, die letztlich zur Reproduktion von Disparitäten und ungleicher Entwicklung auf verschiedenen geographischen Maßstäben beiträgt. Die Forschungsergebnisse des Projekts geben also zum einen Aufschluss darüber, wie transnationale Produktionssysteme die unterschiedlichen Produktionsorte prägen. Zum anderen unterstreichen sie jedoch auch die hohe Relevanz stadträumlicher Strukturen und Transformationen sowie des planerischen und politischen Handelns auf verschiedenen Maßstabsebenen für die Ausgestaltung und die geographische Dynamik globaler Produktionssysteme und machen damit auch Handlungsspielräume vis-à-vis dieser machtvollen Zusammenhänge erkennbar. Damit konnten wir neue Erkenntnisse zu den Debatten um globalisierte bzw. transnationale Räume in der Stadtforschung beitragen und mithilfe der multilokalen, maßstabsübergreifenden Perspektive der Forschung zu globalen Güterketten und Produktionsnetzwerken einen vielversprechenden konzeptuellen und methodischen Ansatz für die zukünftige Stadtforschung entwickeln.

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