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Funktionelle Analyse von DROSHA und DGCR8 Mikroprozessormutationen als Ursache von Wilms-Tumoren

Fachliche Zuordnung Humangenetik
Zellbiologie
Förderung Förderung von 2015 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 283850712
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In unseren vorangehenden Exom-Analysen konnten wir in pädiatrischen Wilms-Tumoren neben SIX1/2 vor allem Mutationen von Genen des Mikroprozessorkomplexes (DROSHA und DGCR8) als Tumortreiber identifizieren, die bislang in anderen Tumoren nicht in Erscheinung traten. Ziel des Vorhabens war die Genotyp-Phänotyp Korrelation, in vitro und in vivo Funktionsanalysen und die Generierung weiterer Primärkulturen pädiatrischer Nierentumoren für funktionelle Studien. Das Screening von ca. 1.500 Tumoren ergab eine Mutationsrate von 4,5% (DROSHA, E1147K, heterozygot) bzw. 2,9% (DGCR8, E518K, homozygot) mit leichter Präferenz für blastemreiche Tumoren, jedoch keine Mutationen in der Keimbahn. Die Wirkweise der DGCR8-E518K Mutation wurde durch Expression der Wildtyp bzw. der mutierten Form in Dcgr8-KO ES-Zellen der Maus untersucht. Neben einer globalen Reduktion der miRNA-Menge zeigte die Mutante eine differentielle Präferenz für einzelne miRNA-Spezies, die auch mit veränderten mRNA-Mustern einherging. Obwohl insbesondere Stammzell-, Proliferations- und EMT-Marker durch die E518K-Mutation betroffen waren, zeigten die Zellen zwar reduzierte Proliferation, aber kaum Auswirkungen auf die in vitro Differenzierung, was aber bei gegebener Fehlertoleranz während der Nephrogenese dennoch relevant sein kann. In vivo konnten wir die nierenspezifische Deletion von Drosha, bzw. die induzierte Expression der E1147K Tumormutante in der Maus untersuchen. Beides ging mit Nierenfehlbildungen und Funktionsverlust einher. Es kam zu Differenzierungsstörungen mit reduzierter Epithelialisierung und vermehrtem Stroma/Fibrose, teilweiser Nierenagenesie und einer hohen Apoptoserate. Die Analysen belegen die hohe Relevanz von miRNAs in der Nierenentwicklung, es entstanden jedoch auch bei mosaikartiger Induktion des tumortypischen DROSHA-E1147K Transgens keine Tumoren, was die Modellfunktion einschränkt und daher keine mechanistische Erklärung der Tumorigenese liefert. Bei der Etablierung von Primärkulturen als Tumormodelle konnten wir deutliche Fortschritte erzielen und eine Reihe von 3D-Sphäroid und inzwischen auch Organoid-Kulturen erzeugen, die wir im Detail charakterisierten. Diese Zellen sind genetisch manipulierbar und Versuche zur Testung von Chemotherapeutika laufen derzeit erfolgreich. Noch fehlen uns Kulturen mit DROSHA/DGCR8-Mutationen für funktionelle Tests, jedoch ergaben sich aus den Untersuchungen sehr spannende Folgeprojekte: So konnten wir TP53-Mutationen in letalen Wilms-Tumoren besser charakterisieren und fanden neben der starken Assoziation mit Anaplasie auch eine erhöhte Letalität bei blastemreichen oder triphasischen Tumoren mit dieser Mutation. Damit werden diese, oft heterogen im Tumor vorliegenden Mutationen für die klinische Beurteilung höchst relevant. Für das Klarzellsarkom der Niere konnten wir ebenfalls eine fast schon pathognomonische interne Duplikation im BCOR-Gen in einer großen Serie validieren. Die Entdeckung von Duplikationen der Kinasedomäne des EGFR und seltener auch aktivierenden Mutationen von BRAF beim klassischen und gemischten mesoblastischen Nephrom ermöglicht eine molekulare Typisierung dieser Tumorentität und eröffnet die Option einer zielgerichteten Therapie. Die Arbeiten im Rahmen dieses Vorhabens haben einerseits unser Verständnis der Mikroprozessor-Mutationen bei Wilms Tumoren vertieft, neue Screening-Tools in Form langlebiger Primärkulturen geschaffen und mit der Charakterisierung von TP53, BCOR und EGFR/BRAF-Mutationen bei pädiatrischen Nierentumoren neue diagnostische Optionen eröffnet und therapeutische Ziele offengelegt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2016. 'Mutually exclusive BCOR internal tandem duplications and YWHAE-NUTM2 fusions in clear cell sarcoma of kidney: not the full story', J Pathol, 238: 617-20
    Kenny, C., S. Bausenwein, A. Lazaro, R. Furtwangler, S. L. Gooskens, M. van den Heuvel Eibrink, C. Vokuhl, I. Leuschner, N. Graf, M. Gessler, and M. J. O'Sullivan
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/path.4693)
  • 2017. 'TP53 alterations in Wilms tumour represent progression events with strong intratumour heterogeneity that are closely linked but not limited to anaplasia', J Pathol Clin Res, 3: 234-48
    Wegert, J., C. Vokuhl, B. Ziegler, K. Ernestus, I. Leuschner, R. Furtwangler, N. Graf, and M. Gessler
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/cjp2.77)
  • 2018. 'Recurrent intragenic rearrangements of EGFR and BRAF in soft tissue tumors of infants', Nat Commun, 9: 2378
    Wegert, J., C. Vokuhl, G. Collord, M. Del Castillo Velasco-Herrera, S. J. Farndon, C. Guzzo, M. Jorgensen, J. Anderson, O. Slater, C. Duncan, S. Bausenwein, H. Streitenberger, B. Ziegler, R. Furtwangler, N. Graf, M. R. Stratton, P. J. Campbell, D. T. Jones, C. Koelsche, S. M. Pfister, W. Mifsud, N. Sebire, M. Sparber-Sauer, E. Koscielniak, A. Rosenwald, M. Gessler, and S. Behjati
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41467-018-04650-6)
  • 2019. 'Loss or oncogenic mutation of DROSHA impairs kidney development and function, but is not sufficient for Wilms tumor formation', Int J Cancer, 144: 1391-400
    Kruber, P., O. Angay, A. Winkler, M. R. Bosl, S. Kneitz, K. G. Heinze, and M. Gessler
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/ijc.31952)
  • 2020. 'High-risk blastemal Wilms tumor can be modeled by 3D spheroid cultures in vitro', Oncogene, 39: 849-61
    Wegert, J., L. Zauter, S. Appenzeller, C. Otto, S. Bausenwein, C. Vokuhl, K. Ernestus, R. Furtwangler, N. Graf, and M. Gessler
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41388-019-1027-8)
 
 

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