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Die Bedeutung direkter Fitnessgewinne für Helfer in komplexen Insektenstaaten

Fachliche Zuordnung Evolution, Anthropologie
Förderung Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 283883031
 
Die Evolutionsbiologie hat lange darüber gerätselt, wie Kooperation und altruistische Verhaltensweisen bei egoistischen Individuen entstehen konnten. Nach Hamiltons Theorie der Gesamtfitness vergrößern Helfer ihre Fitness indirekt dadurch, dass sie Verwandten bei der Brutaufzucht helfen und dadurch die Anzahl von deren Nachkommen erhöhen. Bei kooperativ brütenden Säugern und Vögeln können Helfer ihre Fitness zusätzlich auch direkt erhöhen, indem sie das Nest oder Territorium des Brutpaars übernehmen und sich selbst fortpflanzen oder indem sie Erfahrung in der Brutpflege sammeln, die später den eigenen Nachkommen zugutekommt. Aber spielen solche direkte Fitnessvorteile auch eine Rolle in den Staaten hoch eusozialer Insekten, wie etwa Ameisen? Das Verhalten von Arbeiterinnen legt dies nahe. Arbeiterinnen der meisten Ameisenarten können aus unbefruchteten Eiern eigene Söhne heranzuziehen, legen aber keine Eier, solange eine Königin im Staat vorhanden ist. Nach dem Tod der Königin etablieren Arbeiterinnen soziale Hierarchien, in denen nur die ranghöchsten Individuen Eier legen. Dominante Arbeiterinnen vermeiden kostspielige Aktivitäten, wie etwa Fouragieren oder Verteidigung. Dies alles deutet daraufhin, dass Arbeiterinnen versuchen, die Option für direkte Fitnessgewinne zu erhalten. Ob sich dieser Egoismus auszahlt, wurde bislang nicht untersucht.In diesem Projekt soll diese wichtige Lücke in unserem Verständnis der Eusozialität durch die Quantifizierung der direkten Fitness von Arbeiterinnen in einer freilebenden Population sozialer Insekten geschlossen werden. Konkret wird das Ausmaß der Arbeiterinnenreproduktion durch Freilandbeobachtungen und genetische Analysen zur Herkunft der Männchen bei Temnothorax crassispinus quantifiziert werden. Darüber hinaus wird durch kontrollierte Paarungsversuche und die Bestimmung von Spermienquantität und Qualität ermittelt werden, ob sich von Königinnen oder Arbeiterinnen produzierte Männchen in diesen Fitnessparametern unterscheiden. Und schließlich soll durch experimentelle Manipulation der Koloniezusammensetzung herausgefunden werden, wie stark sich der Egoismus von Arbeiterinnen auf die Struktur und Produktivität der Kolonie auswirkt. Das Projekt baut auf umfangreichen Voruntersuchungen zur Populationsstruktur von T. crassispinus auf. Es erfährt zusätzliche Aktualität durch die hitzige Debatte über den Nutzen von Gesamtfitness und Verwandtenselektion und soll zu einem umfassenderen Verständnis der Aufrechterhaltung der Eusozialität in komplexen Insektenstaaten beitragen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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