Verordnungen (ling) in der Gesetzgebung der Qin-Dynastie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Projekt wurde eine kommentierte Übersetzung einer umfangreichen Sammlung von amtlichen Verordnungen (ling) aus der Gründungsphase des ersten chinesischen Kaiserreichs der Qin-Dynastie (221-207 v. Chr.) erarbeitet, die Ende 2015 und Ende 2017 von der Yuelu-Akademie in Changsha ediert wurde. Auf die Übersetzung folgte die inhaltliche Auswertung der neuentdeckten Quellen. Die Ergebnisse der Projektarbeit werden in einer Monographie veröffentlicht. Die auf Bambusleisten notierten Rechtsmanuskripte sind die ältesten erhaltenen Verordnungen Ostasiens und als Quellen für die Erforschung der chinesischen Rechtsgeschichte von hoher Relevanz. Unterschiedliche institutionalisierte und innovative Verfahren, mit denen neue Verordnungen eingeführt wurden, ermöglichten es dem Herrscher, auf aktuelle Situationen und Anforderungen unter Berücksichtigung lokaler Bedingungen flexibel und schnell zu reagieren und dabei Beamte unterschiedlicher Verwaltungsebenen einzubeziehen, die selbst Regelungen initiieren konnten. Ein großer Teil der von der Yuelu-Akademie edierten Verordnungen sah verwaltungsrechtliche Regelungen vor und unterschied sich in dieser Hinsicht nicht von den in Gräbern der Qin-Zeit gefundenen Statuten (lü). In einigen Fällen erläuterten die Verordnungen die Anwendung von Statuten in bestimmten Situationen, enthielten aber auch ergänzende Bestimmungen oder Vorschriften zu Gegenständen, die noch nicht durch ein Statut geregelt waren. Für eine direkte Übernahme einzelner Bestimmungen der Verordnungen in die Statuten der Qin- und Han-Dynastie gibt es nur wenige Beispiele. Anders als die Statuten war eine beträchtliche Zahl der untersuchten Verordnungen auf einen regionalen Geltungsbereich begrenzt und diente der Bewältigung spezifischer Herausforderungen vor Ort. In der Sammlung der Yuelu-Akademie bildeten Verordnungen den Schwerpunkt, die ein professionell ausgebildeter Schreiber auf der unteren und mittleren Verwaltungsebene als essentiell für die Ausübung seines Dienstes betrachtete. Detaillierte verwaltungsrechtliche Verordnungen regelten die konkrete und konsistente Ausgestaltung der staatlichen Herrschaft und trugen maßgeblich zur Errichtung und Konsolidierung der Herrschaft der Qin bei. Der in den juristischen Manuskripten der Qin-Dynastie belegte Umfang detaillierter Vorschriften zeigt eine Regelungsdichte, die in der Entstehungsphase anderer antiker Großreiche nicht erreicht wurde. Wegen ihres Nutzens wurden Verordnungen als Form staatlicher Rechtsetzung und das flexible Verfahren zu ihrer Einführung von den Nachfolgern nach dem Dynastiewechsel beibehalten. Sie haben das antike chinesische Recht geprägt.