Verarbeitung von Farbsignalen in der Säuger-Retina: Entstehung und Aufrechterhaltung des Zapfenmosaiks
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Bei den Säugetieren zeigt das Mosaik der Zapfen-Sehpigmente M-Opsin und S-Opsin bemerkenswerte spezies-abhängige Unterschiede. Bei den meisten Säugern exprimieren die M- und S-Zapfen ausschließlich das jeweilige Opsin und beide Zapfentypen sind gleichmäßig über die Retina verteilt. Die Maus weicht stark von diesem Grundmuster ab. Die Mehrheit der Maus-Zapfen koexprimiert M- und S-Opsin, wobei in der dorsalen Retina das M-Opsin dominiert und in der ventralen das S-Opsin. Vorausgehende Studien verschiedener Forschergruppen einschließlich der unseren hatten gezeigt, dass die Expression der Zapfenopsine maßgeblich durch das Schilddrüsenhormon-System bestimmt wird, wobei das Hormon Triiodothyronin (T3) die Opsinexpression über den in der Retina zapfenspezifischen Thyroidhormonrezeptor TRβ2 (einen nukleären Transkriptionsfaktor) regelt: bei Abwesenheit von T3 oder TRβ2 exprimieren alle Zapfen das S-Opsin, T3 und TRβ2 unterdrücken also die S-Opsinexpression und fördern die M-Opsinexpression. Wir konnten bei Maus und Ratte zudem zeigen, dass diese Regelung nicht nur während der Entwicklung, sondern auch im erwachsenen Tier stattfindet. Im vorliegenden Berichtszeitraum haben wir untersucht, ob in der Mausretina ein dem dorso-ventralen Opsingradienten entsprechender T3-Konzentrationsgradient vorliegt. Dazu verwendeten wir die transgene Reportermaus FINDT3, bei der die Nervenzellen in Abhängigkeit von ihrer intrazellulären T3-Konzentration die histologisch nachweisbare Substanz β-Galaktosidase bilden. Zu unserer Überraschung zeigten sowohl in der sich entwickelnden als auch in der erwachsenen Retina nur die Ganglienzellen und Amakrinzellen der inneren Retina β-Galaktosidase-Färbung und damit T3, die Photorezeptoren waren ungefärbt. Erwartet hätten wir es umgekehrt, da die Zapfen ja nachweislich auf die T3-Regelung angewiesen sind, während bei Ganglien- und Amakrinzellen keine T3- Abhängigkeit bekannt ist. Eine weitere Überraschung war ein leichter Dichtegradient mit etwas weniger gefärbten Zellen in der dorsalen als in der ventralen Peripherie der Retina. Dies läuft der Erwartung zuwider, in der dorsalen Retina mit viel M-Opsin und wenig S-Opsin eine höhere T3- Konzentration vorzufinden als in der ventralen Retina. Unsere Befunde stellen damit bisherige Hypothesen infrage und erfordern eine weitergehende Analyse der Faktoren und Mechanismen, die die lokale und regionale Zapfenopsinexpression steuern. Des Weiteren haben wir untersucht, welche photorezeptorspezifischen Gene bei Unterdrückung des Thyroidhormons (Hypothyreose) hoch- oder herunterreguliert werden. Dazu wurde RNA aus der Photorezeptorschicht isoliert und mit Hilfe von DNA-Microarray-Technik analysiert. Eine Expressionsänderung zeigten 1951 von etwa 39.000 Transkripten, signifikante Expressionsunterschiede zwischen den hypothyreoten und wildtypischen Mäusen fanden sich bei 28 Genen in dorsalen Photorezeptoren und 41 Genen in ventralen Photorezeptoren. Zukünftige Studien müssen zeigen, auf welche Weise welche zellulären Mechanismen von diesen Genexpressionsänderungen betroffen sind.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2010) Developmental changes of cone opsin expression but not retinal morphology in the hypothyroid Pax8 knockout mouse. Investigative Ophthalmology & Visual Science 51(3): 1719-1727
Glaschke A, Glösmann M, Peichl L
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(2011) Thyroid hormone controls cone opsin expression in the retina of adult rodents. Journal of Neuroscience 31(13): 4844-4851
Glaschke A, Weiland J, Del Turco D, Steiner M, Peichl L, Glösmann M
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(2013) Retinal Cone Photoreceptors of the Deer Mouse Peromyscus maniculatus: Development, Topography, Opsin Expression and Spectral Tuning. PLoS ONE 8(11): e80910
Arbogast P, Glösmann M, Peichl L
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(2014) S cones: Evolution, retinal distribution, development, and spectral sensitivity. Visual Neuroscience 31: 115-138
Hunt DM, Peichl L