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Die Semantik und Pragmatik von Wissensaussagen

Antragsteller Dr. Alexander Dinges
Fachliche Zuordnung Theoretische Philosophie
Förderung Förderung von 2016 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 286062412
 
Unsere Bereitschaft, Wissen zuzuschreiben, scheint davon abzuhängen, welche Fehlermöglichkeiten wir gerade in Betracht ziehen. Wenn ich beispielsweise vor einer Woche die Abfahrtszeiten meines Zuges im Internet nachgeschaut habe, dann wird es mir normalerweise angemessen erscheinen zu sagen, dass ich weiß, dass mein Zug, sagen wir, um 14:40 Uhr fährt. Wenn ich aber darauf aufmerksam gemacht werde, dass die Bahn wieder einmal streiken könnte, und ich diese Möglichkeit nicht ausschließen kann, dann würde ich mir nicht mehr so bereitwillig Wissen zuschreiben. Stattdessen würde ich die Abfahrtszeit vielleicht noch einmal überprüfen. Warum ist das so? Sollte unsere Bereitschaft, Wissen zuzuschreiben, nicht allein von der Qualität unserer Rechtfertigung für die jeweilige Behauptung abhängen?Ein verwandtes Rätsel ergibt sich aus der Beobachtung, dass es absurd klingen würde zu sagen "Ich weiß, dass die Bahn um 14:40 Uhr fährt, aber es ist möglich, dass es einen Bahnstreik gibt (und die Bahn doch nicht fährt)." Generell scheinen Aussagen der Form "Ich weiß, dass p, aber es ist möglich, dass q" absurd, wenn q impliziert, dass p falsch ist. Aber folgt daraus nicht der Skeptizismus? Wenn wir nicht wissen können, dass p, ohne alle Fehlermöglichkeiten q auszuschließen, dann bleibt von unserem vermeintlichen Wissen doch nicht viel übrig. Mit ein wenig Kreativität lässt sich zu jeder Wissenszuschreibung eine Fehlermöglichkeit finden, die wir nicht ausschließen können.Zum Skeptizismus gelangt man auch durch folgende, hinlänglich bekannte Überlegung: Wir können nicht wissen, dass die Welt um uns herum kein bloßer Traum ist. Denn wenn der Traum nur realistisch und detailliert genug wäre, würden uns die Dinge genauso erscheinen, wie sie uns tatsächlich erscheinen. Wenn wir dies aber nicht wissen können, dann können wir fast gar nichts wissen. Wir können nicht einmal wissen, dass wir Hände haben. Denn wenn wir wüssten, dass wir Hände haben, dann wüssten wir auch, dass zumindest dieser kleine Teil der Welt kein bloßer Traum. Sollten wir den Skeptizismus also akzeptieren? Wie kommt es dann, dass wir im Alltag häufig sagen, wir wüssten etwas?Dieses Bündel von Überlegungen und Fragen bildet den Ausgangspunkt für eine Vielzahl von Theorien zur Semantik und Pragmatik von Wissensaussagen. Einige Philosophen meinen, ein kohärentes Bild ergäbe sich nur durch die Annahme, dass der Ausdruck "wissen" kontext-sensitiv ist und je nach Kontext unterschiedliche epistemische Relationen ausdrückt. Andere meinen, die Probleme ließen sich lösen, wenn wir anerkennen, dass Wissensaussagen häufig nicht wörtlich zu nehmen sind. Wieder andere gehen so weit, den epistemischen Relativismus zu verteidigen. In meinem Projekt werde ich Theorien zurückweisen, die semantisch und pragmatisch derart aufgeladen sind, und stattdessen eine nicht-relativistische Wissenstheorie verteidigen, nach der "wissen" nicht kontext-sensitiv ist und trotzdem meistens wörtlich zu nehmen ist.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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