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Ameisen als Modellorganismen für ökonomische Entscheidungen: Verbraucherpsychologie in einem biologischen System

Fachliche Zuordnung Biologie des Verhaltens und der Sinne
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Wirtschaftstheorie
Förderung Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 286430553
 
Verbraucherentscheidungen spielen eine zentrale Rolle in der modernen Gesellschaft. Die theoretische Grundlage der ökonomischen Entscheidungsfindung ist gerade im Umbruch. Frühere Modelle gingen davon aus, dass dabei nur der absolute Ertrag relevant ist. Die Prospect Theory (Neue Erwartungstheorie) basiert auf neueren Erkenntnissen, wonach die Bewertung einer Option in Relation zu einem Referenzwert erfolgt. Diese subjektiven Bewertungen sind darüber hinaus auch asymmetrisch, d.h. Verluste werden über-, Gewinne unterbewertet. Dieses neue Modell der ökonomischen Entscheidungsfindung liefert Erklärungen für viele vermeintlich irrationale Entscheidungen. Tiere stehen vor ähnlichen Problemen wie der Mensch: auch sie müssen Optionen bewerten und sich für die beste entscheiden. Ähnlich wie einst in der Verbraucherpsychologie, ging man auch bei Tieren stets davon aus, dass sich im Laufe der Evolution Entscheidungen durchgesetzt haben, die den absoluten Wert einer Ressource reflektieren. Meine Pilotstudien zeigen jedoch, dass Ameisen, genau wie Menschen, Optionen in Bezug zu einem Referenzwert bewerten. Mehr noch, auch das Bewertungsschema von Ameisen ist asymmetrisch - sie schätzen Verluste vergleichsweise größer ein als Gewinne. Kurzum, das Verhalten der Ameisen entspricht exakt den Vorhersagen der Prospect Theory. Diese Erkenntnisse verdanken wir einem einzigartigen Verhaltensmuster der Ameisen: dem Legen einer Pheromonspur. Die Stärke der Pheromonspur ist eine ehrliche Aussage über den Wert, den eine Ameise einer Option beimisst. Quantifiziert man die Pheromonablage, wird diese Bewertung messbar. Im vorliegenden Projekt sollen in einer Reihe von Experimenten die Kerntheorien der Verbraucherspychologie und -ökonomie an einem einfachen und unvoreingenommenen System überprüft werden: an Ameisen.Invertebraten als Modellorganismen für Verbraucher heranzuziehen hat viele Vorteile: Hypothesen können an Ameisen mit geringem Zeit- und Finanzmittelaufwand getestet werden. Dabei werden die Fehlerquellen psychologischer Studien am Menschen eliminiert: Menschen beantworten Fragen vor dem Hintergrund ihrer kulturellen Sozialisation; sie versuchen die richtige Antwort oder die Absichten des Fragenden zu erraten. Ameisen tun das nicht und liefern damit Einblick in die Hintergründe des Bewertungssystems von Mensch und Ameise. Da das kollektive Verhalten einer Ameisenkolonie Einfluss auf ihre Effizienz, ist es ermöglicht, die vermeintlich irrationalen Bewertungssysteme von Mensch und Ameise auf ihre evolutive Angepasstheit hin zu testen. Dieses interdisziplinäre Projekt vereint Wirtschaftswissenschaft, Psychologie und Verhaltensökologie verknüpft neue Methoden und kann Erkenntnisse über die grundlegenden Mechanismen der Entscheidungsfindung in Mensch und Tier liefern.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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