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Zweiskalensimulation von Schädigungsprozessen in Faserverbundstrukturen auf Basis mikromechanischer Konstitutivmodelle für die FE-Analyse

Fachliche Zuordnung Mechanik
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 28670300
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In der Ingenieurpraxis kommen zunehmend Verbundwerkstoffe zum Einsatz, die für den jeweiligen Anwendungszweck zugeschnittene Eigenschaftsprofile aufweisen. Eine besondere Bedeutung besitzen Faserverbundwerkstoffe, die meist in Form von Laminaten zum Einsatz kommen. Um die Vorteile der Verbundwerkstoffe in der Konstruktion von Ingenieurstrukturen ausnutzen zu können, muss das strukturmechanische Verhalten von Faserverbundbauteilen in Gebrauchstauglichkeits- undTragfähigkeitsnachweisen zutreffend beschrieben werden, wozu geeignete konstitutive Modelle erforderlich sind. Ein wesentliches, charakteristisches Merkmal der Verbundwerkstoffe ist ihr heterogener Aufbau über mehrere Größenskalen hinweg. Oberhalb der molekularen Nanoebene ist die Mikroebene der einzelnen Laminatschicht angesiedelt, deren mechanisches Verhalten durch die Eigenschaften des Matrixmaterials, die Art und Form sowie die Ausrichtung der Verstärkungseinlagen und deren Verbundverhalten mit dem Füller geprägt ist. Auf der Mesoebene werden die Einzelschichten zu Laminaten kombiniert. Die Größenskala der Bauteilstrukturen definiert die Makroebene. Übliche Ansätze zur Beschreibung des konstitutiven Verhaltens von Laminaten auf der Makroebene basieren auf den effektiven Eigenschaften der Einzelschichten und deren Verbundcharakteristik. Die effektiven Materialkennwerte der Schichten werden entweder im Experiment bestimmt oder aus klassischen analytischen Homogenisierungsansätzen abgeleitet. Zur Beurteilung und Untersuchung des inelastischen Materialverhaltens unter Berücksichtigung von Schädigungsprozessen sind die klassischen Homogenisierungsmethoden aufgrund ihrer Einfachheit ungeeignet, da sie nicht hinreichend detaillierte Informationen über die mikroskopischen Spannungs- und Dehnungszustände liefern. Neben komplexen phänomenologischen Ansätzen gewinnt daher die numerische Analyse der mikroheterogenen Feinstruktur im Rahmen einer gekoppelten Mehrskalensimulation zunehmend an Bedeutung. In jüngerer Zeit sind Ansätze entwickelt worden, die die konstitutiven Eigenschaften für die Strukturanalyse aus FE-Modellen des repräsentativen Volumenelements der Feinstruktur gewinnen. Diese Ansätze geben zwar je nach Diskretisierungsaufwand detailliert Aufschluss über die Spannungs- und Verformungszustände auf der Mikrostrukturebene. Die mit diesen Analysen verbundenen, hohen Anforderungen im Hinblick auf Rechenzeit und Speicherbedarf dürften aber in nächster Zeit einer kommerziellen Umsetzung in Form einer zur FE-Makrostrukturanalyse simultan ablaufenden FE-basierten Homogenisierung an jeder Stützstelle der numerischen Integration entgegenstehen. Das abgeschlossene Forschungsvorhaben MA-1186/4 verwendet für die Homogenisierung die mikromechanische Methode der Zellen (Generalized Method of Cells, GMC) und ihre Weiterentwicklung zur hoch auflösenden Methode der Zellen (High Fidelity Generalized Method of Cells, HFGMC). Der Ansatz der Zellenmethode stellt einen Kompromiss dar, zwischen der hoch auflösenden aber numerisch aufwendigen finite Elemente Simulation der Mikrostruktur einerseits und den einfachen klassischen Betrachtungsweisen andererseits. Die lokalen Mikrofelder der Spannungen und Verzerrungen auf der Ebene von Matrix und Fasern werden soweit aufgelöst, wie es für eine hinreichende Beantwortung der Frage nach den mittleren konstitutiven Eigenschaften an einem materiellen Punkt der makroskopischen Ebene erforderlich ist. Durch den gegenüber der Homogenisierung mittels der FEM stark reduzierten numerischen Aufwand wird die simultane Zweiskalensimulation von Faserverbundstrukturen mit vertretbaren Rechenzeiten möglich. Die Zellenmethode liefert die effektiven, prozessabhängigen Steifigkeiten und Spannungen an jeder Stützstelle der numerischen Integration simultan zur FE-Berechnung der Bauteilstrukturen. Dabei wird es prinzipiell möglich, das Entfestigungsverhalten des inhomogenen Materials nach Ausschöpfung der Festigkeiten numerisch abzubilden und den Verlust der Tragfähigkeit in Traglastuntersuchungen vorherzusagen. Für zukünftige Arbeiten auf dem Gebiet der Homogenisierung mittels der Zellenmethode lassen sich mehrere Ziele und Aufgaben formulieren. Ein zentraler Punkt ist die Behandlung des Problems der Schädigungslokalisierung. Die Zellenmethode erlaubt auf dem gegenwärtigen Entwicklungsstand die Beschreibung des entfestigenden Konstitutivverhaltens am RVE. Mathematisch bedeutet der Übergang in den entfestigenden Bereich des Materialverhaltens eine Änderung des Differentialgleichungstyps, welcher der strukturmechanischen Aufgaben zugrunde liegt. Die Differentialgleichungen für das Verschiebungsfeld in der Elastostatik verlieren die Eigenschaft der Elliptizität. Infolgedessen wird die FE-Lösung einer strukturmechanischen Aufgabe pathologisch netzabhängig. Es kommt zur Konzentration der Schädigung in wenigen Elementen. Mit wachsender Netzverfeinerung tritt mitunter eine unphysikalische Schädigung in immer kleiner werdenden Bereichen einer Bauteilstruktur auf. Um die Lösung bis in den Entfestigungsbereich hinein zu verfolgen, existieren verschiedene Ansätze. Eine Möglichkeit besteht darin, den Schädigungsprozess in einer Fläche zu lokalisieren, in der das Verschiebungsfeld Unstetigkeiten aufweisen kann und darf. Diesem Ansatz folgt die Implementierung der Matrixschädigung in die Methode der Zellen, denn hier wird kein Kontinuumsschädigungsansatz verwendet, sondern es werden deterministisch angeordnete Bruchflächen zwischen Matrixzellen eingeführt. Die Randwertaufgabe des GMC-Modells bleibt damit gut gestellt. Dennoch ist die Anwendung der Zellenmethode als Konstitutivmodell für die FE Analyse ohne die Ergreifung weiterer Maßnahmen aufgrund des Verlusts der Elliptizitätseigenschaft nur solange möglich, wie das effektive Materialverhalten nicht als entfestigend zu charakterisieren ist. Alternativ zur Lokalisierung der Schädigung in Bruchflächen auf der makroskopischen Bauteilebene können die Grenzflächenmodelle, die innerhalb der GMC-Modelle zur Beschreibung von Schädigungsvorgängen ratenabhängig formuliert werden. Dabei ist es nicht wesentlich, ob die Ratenabhängigkeit physikalisch begründet ist oder aus rein numerischen Gründen künstlich eingeführt wird. Ein weiterer Ansatz zur Umgehung des Verlusts der Elliptizität besteht darin, die Spannungen an einem Punkt nicht allein von den Dehnungen, sondern auch vom Gradienten des Verzerrungstensors abhängig zu machen. Ein weiterer wichtiger Arbeitspunkt ist die systematische Identifikation der Modellparameter, die in der GMC basierten Simulation von Schädigungsprozessen zu bestimmen sind. Die Parameteridentifikation ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Validierung des mikromechanischen Zellenmodells. Vor allem für den Entfestigungsbereich ist die experimentelle Datenbasis aufgrund der schwierigen Messbarkeit der Spannungs-Dehnungs-Beziehungen sehr schwach. Die prinzipiell verfügbaren Vorhersagen der GMC zum Entfestigungsverhalten von Faserverbundwerkstoffen sind zum gegenwärtigen Stand der Arbeiten weitgehend spekulativ. Bisher wurden in der Behandlung von Schädigungsprozessen nur Zug- bzw. Schubversagenszustände betrachtet. Das Versagen der Matrixphase unter Druck und vorrangig das Ausknicken der Langfasern im Verbund mit dem Füller stellen Aufgaben für zukünftige Arbeiten dar. Nur durch deren Bearbeitung wird es möglich, die wesentlichen, in der Praxis auftretenden Schadensbilder in der rechnerischen Simulation zu berücksichtigen.

 
 

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