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Topische Dialogik. Bedingungen theologischer Wahrheitsfindung im Kontext polarisierter Glaubenskulturen: Perspektiven katholischer Theologie

Fachliche Zuordnung Katholische Theologie
Förderung Förderung von 2015 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 289149249
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die religionspolitische Lage der Gegenwart ist auf globaler und lokaler Ebene von religiös-weltanschaulichen Konflikten geprägt, die zwischen unterschiedlichen Glaubenskulturen innerhalb der Religionen und Weltanschauungen verlaufen. Diese sind mit unterschiedlichen Epistemologien und Glaubenshermeneutiken verbunden, die zugleich eine Positionierung gegenüber den normativen Grundlagen der Moderne und den Pluralisierungsprozessen der Spätmoderne beinhalten. Dialog und einen produktiven Austrag der Konflikte zwischen den verschiedenen Kulturen und ihren Denkund Lebensformen zu ermöglichen, bildet eine zentrale Herausforderung, die nicht nur die Kirchen, sondern auch Gesellschaft und Wissenschaft betrifft. Das Forschungsprojekt greift einen Teilaspekt dieser Problematik heraus: Es hat Nachwuchstheolog*innen unterschiedlicher theologischer Ansätze und Denkschulen in einem moderierten Prozess zusammengeführt, um über das Verständnis „guter“ Theologie, ihre zentralen Referenzpunkte, Autoritäten bzw. Erkenntnisorte zu debattieren und Möglichkeiten eines produktiven Umgangs mit den Differenzen der Ansätze zu erproben. Dafür wurde die Lehre von den Loci theologici als Rahmentheorie aufgegriffen, mit der sich unterschiedliche Theologieverständnisse, Hermeneutiken und Argumentationsstrategien in ein Verhältnis zueinander setzen lassen. Die prinzipientheologische Reflexion wurde schließlich an der Debatte über die Ordination der Frau zum sakramentalen Diakonat exemplarisch erprobt. Auf die „experimentelle“, dialogische und fachkundig begleitete Arbeit an einer konflikt- und differenzfähigen theologischen Erkenntnislehre folgte ein gemeinsamer Prozess der Auswertung, der in eine gemeinsame Publikation mündete. Als zentrale Ergebnisse des Forschungsprojekts lassen sich u.a. festhalten: Wissenschaftliche Theologie und gelebter Glaube sind eng aufeinander bezogen und zugleich methodisch voneinander zu unterscheiden. In der – zwischen verschiedenen Ansätzen strittigen – Bestimmung von Wissenschaftsbegriff und Rationalitätsverständnis hängen philosophisch-hermeneutische Voraussetzungen, Theologieverständnis und universitätspolitische Machtfragen eng zusammen. Um einen Dialog und konstruktiven Konfliktaustrag zwischen widerstreitenden Ansätzen zu ermöglichen, ist daher der Prozess des Theologietreibens selbst ebenso im Blick zu behalten wie seine seine kommunikative Gestaltung, die biografischen Hintergründe und die spirituelle Tiefendimension, wenn auf der Ebene der Kernüberzeugungen Dialog und Lernprozesse möglich werden sollen. Dabei hängt die kritische Funktion der Theologie wie ihr Potential selbst Ort theologaler Erkenntnis zu sein wesentlich daran, dass die akademische Theologie Spannung und Bezug zu den Systemen der Wissenschaft, der Glaubensgemeinschaft und der Gesellschaft aufrechterhält und darin ihren transzendierenden Bezug auf die Logik des Reiches Gottes wahrt. Der Ansatz des Projekts, die Loci-Lehre für die Strukturierung eines Kommunikationsprozesses zwischen widerstreitenden theologischen Ansätzen heranzuziehen hat sich bewährt und soll in künftigen Projekten weiterentwickelt werden. Der erkenntnistheologische Status der Loci alieni und die Frage, ob Theologie nur reflexiver oder auch generativer Ort theologaler Erkenntnis ist, hängt von den fundamentaltheologischen Grundbestimmungen von Glaube, Offenbarung und ekklesial-geschichtlicher Vermittlung ab. In Blick auf Formate von Dialog und Konflikt in Theologie und Kirche ist es entscheidend, dass die relevanten Loci theologici proprii und alieni im Prozess der Auseinandersetzung real repräsentiert werden. Darüber hinaus sollte die Betroffenenperspektive stellvertretend zur Geltung gebracht und zugleich die nichtintegrierbare Alterität der Anderen bewusst bleiben, insbesondere in Hinsicht auf die Opfer der Geschichte, auf traumatisierte oder marginalisierte Gruppen. Folgeprojekte sowie eine Fortsetzung der Arbeit in der Forschergruppe sind angedacht. Die Publikationen bieten neben den erkenntnistheologischen Überlegungen und Ergebnissen auch eine Darstellung und Auswertung des Prozesses.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Dialog und Konflikt. Erkundungen zu Orten theologischer Erkenntnis. Ostfildern 2017
    Kirschner, Martin (Hg.)
 
 

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